Reisen in Argentinien/Chile/Uruguay 2007-2010 Fortbildung in Ecuador Deutschland mit dem Rad umrundet

Lungo und Michael

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Neue Eindrücke 2023 sind rot ausgezeichnet

 

Chaco - Mennonitenkolonien, Rodung, Sprache, Ethnien,

Klima, Wege, Infrastruktur, Natur

Wenn ich weiter unten auf die Zerstörung der Artenvielfalt hinweise, hervorgerufen durch dichtere Besiedelung und modernen Straßenbau, gibt es natürlich immer noch wunderbare Naturerlebnisse. 90 km von Filadelfia entfernt liegt das Naturschutzgebiet Corralón, wo Freunden dieses sensationelle Foto von einem Jaguarpaar gelungen ist (2023).

Jaguarpaar


Die drei nordwestlichen Departamentos (gelb, rot, orange) nennt man "Chaco Paraguayo". Den Chaco als Landschaft gibt es nämlich auch in Argentinien und Bolivien ("Gran Chaco"). Es handelt sich um eine trocken-heiße Gegend mit ursprünglichen Busch-Urwald, nicht zu verwechseln mit dem feucht-tropischen Urwald, der sich in unser kollektives Gedächtnis eingebrannt hat. Der Busch ist hier ausgesprochen stachelig und ohne großes Gerät eigentlich undurchdringlich. Heute ist von diesem Busch aber nicht mehr viel übrig:

Mapa

Markenzeichen des Chaco ist der markante Flaschenbaum (Palo Boracho - "Säuferbaum"): Er blüht im Herbst (März/April). Zum Glück hat man viele davon bei den Rodungen stehen lassen!

Boracho

Boracho

Die 2002 erlebte Trockenheit und Hitze (160 Tage über 40°!) war in "mageren Jahren" (bis 2005) situiert.

49grad Trockenheit

 

Seit 10 Jahren herrschen hier "gute Jahre". Erhoffter Regen ist kein Daurthema mehr. Maximal hatten wir (2016) 1 x 45°, aber auch kräftige Nachtabkühlungen bei Südwind bis 13°. Hielten wir die Lebensbedingungen 2002 eigentlich für sehr hart und kaum realisierbar, erscheint heute vieles in anderem Licht. Neben zunehmendem Komfort (Klimaanlagen weit verbreitet; bessere Straßen, weniger Staub) ist es vor allem das derzeit sehr angenehme Klima: Nach 2-3 Tagen leichtem Nordwind mit hohen Temperaturen dreht der Wind auf Süd, was frische kühlere Luft bringt, im Idealfall Regen. Bei/nach Regen graben sich Frösche und Kröten aus der Erde an die Oberfläche und veranstalten taglang herrliche Froschkonzerte. Ja Regen! Umdenken müssen wir Deutschen da. Bei uns signalisieren die Wetterdienste "Regenrisiko", hier heißt das "Regenchance"!

Blott

Der Regen verwandelt die Erdstraßen in glitschigen "Blott". Weil die Wege dann ohne Allradfahrzeug kaum passierbar sind, fallen am Tag des Regens und evtl. am Tag danach viele Veranstaltungen, auch Schule, "regenhalber" aus.

Am Tag nach dem Regen sind zahleiche Wegemaschinen unterwegs, ....

Wegemaschine

... so dass sich die Erdstraßen wieder in bestem Zustand präsentieren:

Straße gemacht

Jedenfalls fährt es sich auf (von den Mennonitenkooperativen) gepflegten Erdwegen sicherer als auf den mit Schläglöchern übersäten staatlichen Rutas.

Am stärksten springt der Fortschritt in der Infrastruktur ins Auge. Waren 2002 ca. 90 % der Straßen Erdwege, ist das Verhältnis heute (2023) eher umgekehrt. Für uns völlig überraschend entstand neben der Ruta 9 "Transchaco" eine neu angelegte solide gebaute Spur. In Zukunft wird nach Sanierung der alten Spur eine 4-spurige autobahnähnliche Straße beglücken. Alles perfekt (manchmal übertrieben) ausgeschildert; Drainagen verhindern das Unterspülen bei Regen. Der Preis der Moderne ist ein extremer Rückgang der Fauna. Fuhr man 2002 über zahlreiche tot gefahrene Tiere (>>) und erlebte neben der Straße quasi einen Freilandzoo (Tausende Reiher, Störche/Yabirú, Geier, Bussarde, Charango, Papageien, Nandus, Füchse, Ameisenbär etc), ist das heute (2023) ein trauriger-lebloser Eindruck.

In den 60-er Jahren gab es die Theorie: "Baue Straßen, dann kommen Fortschritt und Demokratie von alleine." Ich wünsche, es wäre so. Jedenfalls scheint der 2023 neu gewählte Präsident Peña die Korruption effektiv zu bekämpfen und für mehr Rechtstaatlichkeit zu sorgen.

War es früher (2002 ff) höchst gefährlich, in einer Staubwolke auf dem Erdweg zu fahren, ....

 

Urwald

gerodet

Paraguay gehört weltweit zu den "führenden" Ländern im Raubbau an der Natur.

Die hierher eingewanderten Mennoniten haben seit 1927 den Busch in extensive Viehweiden verwandelt - Grundlage des stetig wachsenden Wohlstandes, der heute geradezu in die Augen springt. Das starke wirtschaftliche Wachstum hat im zentralen Chaco (Mennonitenkolonien Fernheim, Menno und Neuland) zu starkem Zuzug von Indigenen und "Lateinparaguayern" sowie Brasilianern ("Brasiguayos") geführt.

Ursprünglich war der Chaco die Heimat zahlreicher indigener Völker, die in den letzten 90 Jahren den Prozess von der Steinzeit in die Moderne durchgemacht haben. Wie rasant dieser Prozess verläuft, konnten wir im Abstand von 14 Jahren beobachten (allgegenwärtige Handys).
Im März 2004 sind (wohl) die letzten isoliert im Busch lebenden Ajoreos Totobiegosode nach extremer Trockenheit aufgrund ökologisch-ökonomischen Drucks in die Zivilisation gekommen.

Ajoreos

Indigenas

Indigene Zuschauer beim Rodeo

 

Die Reise 2016 dient auch dazu, Veränderungen der letzten 1 1/2 Jahrzehnte zu beobachten. Die größte Veränderung erlebe ich in der Sprache. Die Mennoniten sprechen ja traditionell friesisches Plattdietsch (3,8 MB), in Kirche, Schule, Verwaltung Hochdeutsch. Konnte man 2002 in den Mennonitenkolonien komplett auf Spanischkenntnisse verzichten und kurioserweise im Herzen Südamerikas Deutsch sprechen, geht heute ohne Spanisch gar nichts mehr. Alle Inschiften/Plakate etc. sind in Spanisch gehalten. Die Mehrzahl der im Service Beschäftigten sind spanisch sprechende Paraguayer; erstaunlich viele Indianer haben Beschäftigung im Dienstleistungsbereich gefunden und es so zu bescheidenem Wohlstand gebracht. ("Die im Dunkeln sieht man nicht." B.B.) Ihre Kleidung ist stark verwestlicht. Vorherrschendes Verkehrsmittel der Unterschichten: Motorrad (auch Frauen); Integralhelm ist Pflicht. Die Geschwinigkeitsbegrenzung (30/40 km/h) wird eingehalten, weil stark kontrolliert. In Filadelfia, Loma Plata, Neu Halbstadt sind die Hauptstraßen jetzt asphaltiert:

 

Hindenburg

 

Asfalto

 

Corredor Bioceánico

Eine schöne Zukunftsperspektive ist die projektierte West-Ost-Verbindung vom Pazifik zum Antlantik, welche schon 2019 fertiggestellt sein soll. Im Wesentlichen handelt es sich um Asphaltierungen ab Tartagal/AR quer durch Paraguay und eine Brücke über den Rio Paraguay nach Porto Murtinho/BR. Dann kommen wir gewiss wieder; denn die derzeitige Fahrt nach W. an den Pilcomayo oder nach O. an den Rio Paraguay ist mit je 300 km derzeit nur höchst schwierig zu befahren. In AR/CL ist die Passage über den Paso de Jama (4.200 m) schön länger in gut asphaltiertem Zustand.

Aus einer Fertigstellung 2019 wurde natürlich wie immer bei solchen Großprojekten nichts. Aber 2023 ist die Straße von Loma Plata nach Carmelo Peralta am Rio Paraguay als sehr solides Teilstück fertiggestellt. Dort führt eine Fähre nach Brasilien; eine Brücke ist im Bau.

2008 hatte man gehofft, dass die Ruta Transchaco (R. 9) verlässlich weiter nach Bolivien führe. Wir hatten tatsächlich das Wunder erlebt, dass man beim Grenzübertritt von Bolivien (nahe Villa Montes) nach Paraguay eine Asphaltstraße vorfand, allerdings mit einer nur 2 cm dicken Teerdecke, die inzwischen gänzlich verschwunden ist.

Auch das ist inzwischen stark verbessert. Die Ruto Transchacoo führt nun (2023) solide gebaut bis an die Bolivianische Grenze.

Teerstr. 2008

Beginn der Asphaltstraße an der Staatsgrenze 2008


 

 

.... so flutscht es heute (2023) auf dem perfekten Asphalt. Hier die Straße von Filadelfia nach Loma Plata:

© 2016-2023 Michael Seeger, Letzte Aktualisierung 23.12..2023  mail an autor