Michael Seeger | Rezensionen | Forum |
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Juli Zeh:Leere HerzenLuchterhand München 2017 (btb 71836) 348 S., 11,00 EUR ISBN 978-3-442-71838-2 gelesen Mai 2023 Braucht kein Mensch!Ist Zeh ins Kielwasser von Houellebecq getaucht?
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Schon wieder muss ich mit "Sorry" beginnen. Nichts als Verriss!
Wie in NEUJAHR haben wir einen abstrusen Plot, hier um eine Geschäftsidee mit Selbstmordattentätern, welche durch ein Programm der "Brücke" auf ihren letalen Einsatz hin trainiert werden. Der Verfassungsschutz taucht ebenso auf wie eine unliebsame Konkurrenz. Ein Pseudo-Thriller.
Wieder (leider) im Präsens verfasst, wieder unambitioniert lektoriert mit solchen stilistischen Mängeln:
"Gewiss hat er nicht die vielversprechendste Zukunft vor sich." (S. 127)
Der Schauplatz ist in und um Braunschweig herum; dennoch kommt da eine DDR-"Datsche" vor. (S. 251)
Wieder möchte man Zeh empfehlen, doch mal selbst aufs Rad zu steigen. Wie für Henning in "Neujahr" werden für Britta und Babak die 20 Fahrrad-Kilometer von Braunschweig zur Datsche fast zur Nahtoderfahrung.
Und dann nervt der kitschig-triviale Klischee-Stil, wenn es um innere Vorgänge geht:
"In ihrem Inneren öffnete sich eine Luke, hinter der sich ein großer dunkler Raum verbirgt, den sie seit langer Zeit nicht mehr betreten hat." (S. 260)
"Britta spürt, wie das Blut in ihren Adern zu prickeln beginnt." (S. 313)
Die gesellschaftlich engagierte Zeh muss uns Leser immer wieder soziologisch aufklären und belehren:
"Jede industrialisierte Gesellschaft scheint eine bestimmte Menge Amok zu brauchen, während die Erscheinungsform nur eine Frage der jeweiligen Mode ist." (S.185)
Wir aber brauchen all das nicht und in nächster Zeit auch keinen Zeh-Roman mehr.
Michael Seeger, 06. Januar 2024
© 2002-2024 Michael Seeger, Letzte Aktualisierung 10.01.2024