Michael Seeger Rezensionen

Autor

Deon Meyer

Todsünde

aus dem Africaans von Stefanie Schäfer

Aufbau Verlage, Berlin 2021 (atb 2023), 477 S.

ISBN: 978-3-352-00966-2

13,90 €

gelesen im September 2025

cover

"Ein chaotischer Scheißhaufen von gigantischem Ausmaß." (S. 456).   Trigger-Warnung:
Lesen des Buches schadet dem guten Geschmack!

 

Triviale Langeweile

Kugelhagel und vulgärer Jargon erzeugen nicht Spannung oder Interesse, sondern offenbaren schlechten Stil.

Was macht man, wenn man als ausgewiesener Krimi-Absenter von einem guten Freund einen Thriller geschenkt bekommt und das mit der Bitte um Rückmeldung? Man muss durch. Ich habe es hinter mir. Das Ergenis kann nur eines sein: ein Verriss. top

"Er hatte nur eine Chance. ... Es ging um Sekunden. 'Überlass den Dreckskerl mir!' ... Schüsse knallten. ... Der ... Gangster, in dessen Kopf eine gähnende Wunde klaffte, dort, wo sein rechtes Auge gewesen war. ..." (S. 20-26)

Wem solches Intro gefällt, ist bei der Story um den alkoholgefährdeten Griessel und seinen Ermittler-Partner und adipösen Muffin-Liebhaber mit dem schönen Namen Cupido richtig aufgehoben. Wie die Textausschnitte zeigen, ist die Story fast ausschleßlich als äußere Handlung erzählt. Wenn doch mal innere Vorgänge dargestellt werden sollen, ist Meyer so hilflos wie weiland meine Siebtklässler, die glaubten, der Text sei umso besser, je mehr Mehrfachraketenwerfer darin abgefeuert werden.

"Er keuchte, seine Brust brannte. (S. 19) Griessels Herz galoppierte. (S. 25)"

Auch bei einer anderen Protagonistin, der von Armut bedrohen attraktiven Maklerin Sandra, geht es nur auf die übliche triviale Weise:

"Sandra spürte, wie die Wut in ihr hochkochte." (S. 95)

Der Krimi ist auch noch schlecht lektoriert und übersetzt:

Da "loderte" nicht nur in Bennie, sondern auch in mir "Wut auf" (S. 460)!

Gute Literatur zeichnet sich durch Leerstellen aus, welche den Leser aktiv in den Phantasieprozess einbeziehen. Hier wird einfach, bzw. redundant alles gesagt. Nachdem Bennie Frau Boonstra gegen ihren Willen fortgesetzt mit "Mevrou" anredet, findet er endlich zum erwünschten "Lettie", was der Erzähler, welcher uns Leser wohl für blöd hält, auch noch gleich erklären muss:

"'Lettie', sagte er und schaffte es es damit endlich, sie mit Vornamen anzureden." (S. 328)

Was ich gelernt habe? Der Rassismus ist - wie vermutet - allgegenwärtig. Der Krimi ist aus Ermittlerperspektive erzählt, aus weißer, versteht sich. Und die Hautfarbe der Kollegen findet stets Beachtung (farbig, schwarz, ansonsten selbstverständlich weiß). Das korrupte Schwein ist natürlich schwarz: Oberst Falk, der böse wird, weil er nicht befördert wurde. Streng hierarchisch-herrisch geht es zu unter den Polizisten (Titel!) - mit Unterwürfigkeit und Schleimerei als Kehrseite. Die Menschen sprechen sich informell je nach Status und Kohorte an mit "Bruder, Schwester, Onkel, Tante, Pappie, Budy.

Völlig unrealistisch werden mehrere Fälle zusammenverquickt und am Ende wie im Märchen in Wohlgefallen und Happy End aufgelöst.

Abschließend nochmals ein typisches Beispiel für die triviale Banalität des Erzählten:

"Die Kinie gaben ihr nach. Ihr Kopf war wie mit Watte gefüllt, und sie erlitt eine Panikattacke, so dass sie sich an der Autotür festhalten musste, um nicht umzukippen. Sie drohte, in Ohnmacht zu fallen. Oh Gott, nicht jetzt! Sie roch ihren eigenen Schweiß, ihr Herz schlug zu schnell. Wie viel konnte ihr Körper, ihr ganzes Wesen, noch ertragen? Sie würde einknicken, nachgeben, aufgeben." ( S. 446)

Ich aber bin nicht eingeknickt, habe nicht aufgegeben, und bitte meine Freunde und die Welt, mich und die Welt mit solchen Büchern zu verschonen.

Michael Seeger, Mooswaldklinik, 23.09.2025 top

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