Die
Gerichtsverhandlung Die
Türe ward aufgerissen, und herein stürzte die Frau des Juden Aaron,
bleich wie der Tod, das Haar wild um den Kopf, von Regen triefend. Sie
warf sich vor dem Gutsherrn auf die Knie.
“Gerechtigkeit!”
rief sie, “Gerechtigkeit! Mein Mann ist erschlagen!” und sank ohnmächtig
zusammen.
(Seite 38 Zeile 30-35)
|
 |
Staatsanwalt
"Hohes Gericht; Das
Dorf B. wurde durch einen grausamen Vorfall
zutiefst erschüttert, denn ein unschuldiger Mensch wurde auf
brutalste Art und Weise ermordet. Aufgrund der vorhin genannten Beweise
ist folgendes Tatgeschehen festzustellen. Um 22.00 Uhr muss das Opfer mit dem
Angeklagten in dem Waldgebiet "Brederholz" zusammen getroffen sein,
wo er
seinem Opfer aufgelauert hat. Mit direktem Tötungsvorsatz versetzte
der Angeklagte seinem Opfer einen wuchtigen Schlag mit einem stumpfen
Gegenstand an die Schläfe, wodurch der Jude Aaron tödlich verletzt
wurde. Am darauf folgenden Tage wurde das Opfer von seiner
Frau und dem Knecht unter einer Buche im Brederholz in einem mit Laub und
Gras gefüllten Graben gefunden.
Der
Angeklagte stand in tiefer Schuld bei dem Juden Aaron und hatte
neben ihm noch andere Gläubiger. Dies zeigt, dass er in großer
finanzieller Not steckte und mit
den immensen Schulden nicht mehr zurechtkam. Auf Grund eines Vorfalls vor der
gesamten Dorfgesellschaft, durch das Opfer verursacht , wurde der
Angeklagte zutiefst gedemütigt, woraufhin er beschloss das Opfer zu
töten. Der Angeklagte Friedrich Mergel wuchs in einer antisemitischen
Umgebung auf und neigte schon früh zu Gewalttaten .Die Familie des
Täters konnte
sich schon vor dessen Geburt nur schwer in die Dorfgesellschaft
einfügen. Darunter litt er und versuchte sein Leben lang sich in die
Dorfgemeinschaft zu integrieren. Nachdem der Mord an in der
Öffentlichkeit bekannt wurde, ergriff F. Mergel die Flucht ,was auf seine
Schuld hinweist . Deshalb kann nur Friedrich Mergel diesen heimtückischen
Mord begangen haben.
Aufgrund der oben angeführten Beweise, halte ich den Angeklagten
für schuldig im Sinne der Anklage.
Damit hat der Angeklagte aus Habgier vorsätzlich einen anderen
Menschen getötet, was den Tatbestand des Mordes i. S.d. § 211
Strafgesetzbuch erfüllt.
Da der Angeklagte auch in keiner Weise - sei es durch Alkohol, sei
es durch ein Affektsturm - in seiner Schuldfähigkeit beeinträchtigt war,
kommt eine Milderung des Strafrahmens nicht in Betracht.
Ich beantrage daher, dass der Angeklagte zu lebenslänglicher
Freiheitsstrafe verurteilt wird.
Des weiteren hat er die Kosten des Verfahrens zu tragen."
|
|
Rechtsanwalt
Hohes
Gericht; Es ist durchaus eine grausame Tat begangen worden, jedoch ist es
unverantwortlich einen unschuldigen Menschen einer solchen Gewalttat
anzuklagen. Es ist richtig, dass sich Friedrich Mergel auf der Hochzeit
befand und sich ein peinlicher Vorfall ereignete. Allerdings gibt es
keinerlei Augenzeugen, die das Verbrechen beobachtet haben, deshalb kann man
nicht mit Sicherheit sagen, dass der Angeklagte schuldig ist. Zudem war
Friedrich Mergel nicht in Besitz der Tatwaffe. Man muss dazu sagen, dass
der Angeklagte nicht der einzige Schuldner des
Juden Aarons war, denn es gab im
Dorf B. und S. noch einige Leute, die ihm etwas schuldeten. Des öfteren wurde der Jude
auch aufgrund seiner
Religion abgelehnt und diskriminiert. Der
junge Mergel war bekannt als Träumer, der in der Dorfgesellschaft wegen seines
Elternhauses einen schlechten Ruf hatte. Deshalb sah er den einzigen
Ausweg in der Flucht, als der Mord an die Öffentlichkeit kam. Der Angeklagte
wusste, dass er als Täter in Frage kam. Aus Angst vor weiteren
Übergriffen auf seine psychische und physische Verfassung durch die
Gesellschaft entschloss er sich zu dieser Flucht. Dem
Angeklagten Friedrich Mergel ist diese Tat wegen der oben angeführten
Gründe nicht zuzutrauen. Außerdem gibt es nicht genügend Beweise
für seine Schuld. Ich
verlange für meinen Mandanten Freispruch!
|
URTEIL des Richters
Im Namen des Volkes ergeht folgendes Urteil:
Der Angeklagte wird zu einer Freiheitsstrafe von 10
Jahren wegen
Mordes in einem minderschweren Fall verurteilt. Gemäß den §§ 211, 213
Absatz 2 StGB.
Das Gericht begründet das Urteil folgendermaßen:
Aufgrund der Beweisaufnahme ist das Gericht von folgendem Tathergang
überzeugt: Am Sonntag dem 4. Oktober 1760 um 22.00 Uhr begab sich der Angeklagte zu dem Waldgebiet "Brederholz", wo er den Juden Aaron
auflauerte um ihn umzubringen. Dies tat er um den Schulden bei dem Opfer
zu entkommen. Friedrich Mergel lauerte Aaron hinter der Buche auf und als
das Opfer sich näherte, versetzte der Angeklagte ihm in
Tötungsabsicht mit dem mitgeführtem Knüppel einen wuchtigen Schlag an
die Schläfe. Hierdurch erlitt das Opfer einen Schädelbruch , an dessen
Verletzungen er kurze Zeit später starb. Anschließend warf er ihn in
einen mit Laub und Gras gefüllten Graben.
Damit hat der Angeklagte heimtückisch und aus Habgier vorsätzlich
einen anderen Menschen getötet, was dem Tatbestand des Mordes § 211 StGB
erfüllt
Allerdings erhält er mildernde Umstände, da das Milieu , aus dem
er stammt, berücksichtigt werden muss. Er wurde schon in früher Kindheit
von seinem Onkel zum Verbrechen verführt. Daher konnte er schon von klein auf nicht zwischen Recht und
Unrecht unterscheiden. Außerdem wuchs
er in einer antisemitischen Umgebung auf.
Aufgrund des Strafrahmens von einer
Freiheitsstrafe bis zu 15 Jahren erscheint die verhängte Strafe von zehn Jahren als angemessen.
|