Titus Flavius Vespasianus wurde am 17. November 9 in Falacrinae bei Reate im Sabinerland als Sohn des Steuereintreibers Flavius Sabinus und seiner Frau Vespasia Polla geboren. Er schlug die militärische Laufbahn ein und war u.a. in Thrakien, Kreta, Kyrene und Germanien stationiert. Seit ca. 39 war er mit Flavia Domitilla verheiratet, die ihm 39 und 51 die Söhne Titus und Domitianus (s. Führungsblatt Inv. A 315) gebar. Ab 41 Legionslegat in Obergermanien, ging er mit seiner Truppe nach Britannien, wo er sich vielfach auszeichnete. Im Jahre 51 war er consul suffectus, d.h. nachgerückter Konsul, zusammen mit dem Kaiser Claudius (s. Führungsblatt Inv. A 55). Als er später die Statthalterschaft der Provinz Africa Proconsularis erhielt, wurde ausdrücklich hervorgehoben, daß er sich in seiner Amtszeit dort nicht, wie es damals üblich war, bereichert hatte. Im Jahre 66 begleitete er den Kaiser Nero (s. Führungsblatt Inv. A 307) auf seiner berühmt-berüchtigten Griechenlandreise, erregte durch sein Desinteresse an den kaiserlichen Musikvorträgen allerdings dessen Zorn. Trotzdem erhielt er von Nero Ende 66 den Oberbefehl im gerade ausgebrochenen Jüdischen Krieg. Vom folgenden Jahr an bekämpfte er erfolgreich die Aufständischen und erreichte im Jahr 68 Jerusalem. Als nach der Ermordung Neros im Juni des Jahres unklar war, wer dessen Nachfolger werden wird - es sollte in diesem einen Jahr insgesamt vier römische Kaiser geben - wartete Vespasianus die unsichere politische Lage zunächst ab. Anfang Juli wurde er von seinen Soldaten in Caesaraea zum Kaiser ausgerufen und begab sich nach Alexandria. Während eine starke Heeresgruppe nach Rom zog, um dort für ihn die Macht zu gewinnen, überließ er seinem Sohn Titus die Belagerung Jerusalems und blieb selbst in Ägypten, wo er die Getreidezufuhr nach Rom kontrollieren konnte. Nach dem Einzug seiner Truppen in Rom wurde Vespasianus am 22. Dezember 69 vom Senat als Kaiser anerkannt. Über Rhodos und Kreta begab er sich in die Hauptstadt, wo er im Oktober 70 schließlich eintraf.
Als Kaiser bemühte er sich besonders, die Wunden des Bürgerkrieges zu heilen und die in Unordnung geratene Staatskasse zu sanieren. Sein Erfindungsreichtum in Steuerfragen wurde in antiken Quellen gerne auf seine Herkunft zurückgeführt. Berühmt war sein Spruch pecunia non olet ("Geld stinkt nicht"), als er Einwände gegen die Besteuerung des in den öffentichen Latrinen anfallenden Urins, welcher zur Ledergerbung verwendet wurde, zurückwies. Neben diesem oft in Sprichworten karikierten Geiz war Vespasianus für seine Bauernschläue und seinen Witz bekannt. Ein wesentlicher Zug seiner Politik war, daß er sich in bewußten Gegensatz zu seinem prunksüchtigen Vorgänger Nero stellte. So wurde der Privatsee des Nero inmitten des legendären Goldenen Hauses (domus aurea) zugeschüttet und an seiner Stelle das flavische Amphitheater, das Kolosseum errichtet. Auch die Privatbäder des Nero ließ er der Öffentlichkeit zugänglich machen und erbaute das Friedensforum (forum pacis) als einen der zentralen Plätze Roms.
Von besonderer Pracht war der Triumphzug, welcher anläßlich der Eroberung Jerusalems im Jahre 70 gefeiert wurde und auch auf den Reliefs des sog. Titusbogens, der erst von Domitianus fertiggestellt wurde, dargestellt ist; erst im Jahre 73 fiel mit Masada die letzte Festung der aufständischen Juden in römische Hand. Die Provinzen wurden z.T. neugeordnet und die ausgemusterten Veteranen in Kolonien angesiedelt. Senat und Ritterschaft unterzog er einer genauen Untersuchung (recensio), die all jene aus diesen Gremien ausschloß, welche sich in der Vergangenheit als unwürdig erwiesen hatten. Um die Hauptstadt gegen regelmäßige Überschwemmungen besser zu schützen, ließ Vespasianus den Lauf des Tiber regulieren. Gegen Aufstände in Germanien und Britannien kämpften seine Truppen erfolgreich. Am 24. Juni 79 starb Vespasianus im Alter von fast 70 Jahren und wurde von seinem Sohn und Nachfolger Titus unter die römischen Götter erhoben.