Klausurthemen
1.
Franz und Reinhold
2.
Täter oder Opfer?
Kreativaufgabe:
- 3.
X - Stadt Y - Platz. Die Geschichte von NN
beispielhafte
Lösungen
4.
Die Debatte um die (Vor)Veröffentlichung
-
-
-
- Alfred Döblin
- Zeichnung von
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- Seeger LK Deutsch
13.1. Klausur Nr.1
11. Oktober 1999
4 - stündig
- Alfred Döblin, Berlin
Alexanderplatz
-
- Bearbeiten Sie eine der Aufgaben 1-4
-
1.
Franz und Reinhold
-
- Text: S. 263 ("Spring auf, marsch, marsch.") bis S.
265 ("...hört nicht auf.")
-
- Arbeitsanweisungen:
- Skizzieren Sie die Beziehung zwischen Franz
und Reinhold bis zu diesem Gespräch.
- Untersuchen Sie, wie sich die Beziehung
zwischen den beiden in diesem Gespräch darstellt; zeigen Sie dabei an Beispielen, mit
welchen sprachlichen und erzähltechnischen Mitteln die Szene gestaltet ist.
- Inwiefern kann Reinhold im weiteren
Verlauf des Romans als Gegenspieler Biberkopfs aufgefasst werden?
- 2. Täter
oder Opfer?
-
- "Franz Biberkopf, von Profession Großschnauze" (S. 395),
ist in Wirklichkeit eine "arme Sau".
-
Arbeitsanweisungen:
Entwerfen Sie eine hintergründige
Charakterstudie des Romanhelden.
Zeigen Sie, welche Bedeutung die
"Tierpassagen" im Roman haben.
nach häuslicher Vorbereitung und
Vorort-Recherche: Kreativarbeit
-
- 3. X - Stadt Y - Platz. Die Geschichte von NN
-
- Erfinden Sie eine Geschichte oder Episode,
die Sie mittels Collagetechnik mit Elementen der realen Welt verknüpfen. Verfahren Sie
dabei nach den erzähltechnischen Gestaltungsprinzipien Döblins.
-
- 4. Die Debatte um die
(Vor)Veröffentlichung
-
- Der Roman erschien in Fortsetzungen vom 8. September bis zum
11. Oktober 1929 in der >Frankfurter Zeitung<.
-
Der Zeitungsvorabdruck hat
offenbar Aufsehen erregt. Ein Anonymus machte seiner Empörung in einer sehr deutlichen
Zuschrift Luft, die am 24. Oktober (Jg. 74, Nr. 793) veröffentlicht wurde. »Sie ist so
voller Missverständnisse und verrät ein so mangelndes Verhältnis zu literarischen
Werken, dass wir ausnahmsweise einmal von der Regel abweichen und sie der Öffentlichkeit
unterbreiten möchten«:
-
- Dieser Brief ist die Meinungsäußerung weiter Kreise der
Leserschaft Ihres Blattes
- [ ... ] Der Roman in den Spalten Ihres Feuilletons ist zu
Ende, dem Himmel sei Dank! Ein tiefes, befreites Aufatmen geht durch die Reihen Ihrer
Leser, denn wir haben begründete Hoffnung, dass ein noch tieferes Herabsteigen in den
Schmutz des Lebens nicht möglich ist und uns daher in Zukunft erspart bleibt. [ ... ]
Wenn es Döblin Spaß macht, sich im Kot zu wälzen, so mag er es tun, und alle, die daran
Interesse haben (wir übersehen die psychologische Seite nicht) mögen sich das Buch
kaufen, gut. Aber warum zwingen Sie Ihre Leser, jeden Morgen mit Tagesanfang durch diesen
Dreck zu waten, in diese niedrigsten Niederungen der menschlichen Gesellschaft zu steigen,
dass einem der Ekel aufstieg. [ ... j Wir verstehen auch Ihre Lage: Die Zeitung will unter
allen Umständen Modernstes bringen, möglichst auch ganz Neues, Niedagewesenes, es soll
»ziehen«, kitzeln spannen.
Die Redaktion wies die Vorwürfe zurück und
unterstrich die gesellschaftskritischen Intentionen des Romans und der >Frankfurter
Zeitung<
- Dem empörten Einsender ist es also unbegreiflich, dass
wir ihm morgens zum Frühstück einen Roman anzubieten wagen, der von Existenzen handelt,
die er verachtet. [ ... ]
- In: Frankfurter Zeitung. Jg. 74, Nr. 793. 24.10.1929
Der Leserbrief und die redaktionelle
Stellungnahme lösten eine Flut neuer Zuschriften aus. Rudolf Geck, der
Feuilletonredakteur der >Frankfurter Zeitung< sah sich schließlich zu einer
öffentlichen Antwort veranlasst, die das lebhafte Für und Wider zusammenfasste:
- Nachdem die Redaktion den Brief eines Anonymus über den in
unserer Zeitung veröffentlichten Roman Alexanderplatz beantwortet hatte, brachte ihr die
Post Stöße von Zuschriften zum gleichen Gegenstand. Sie sind uns sehr lehrreich. Ein
Teil beweist uns, dass die vielbeklagte Verrohung der Ausdrucksformen im politischen
Kampfe auch in den Meinungsverschiedenheiten über künstlerische Dinge Platz gegriffen
hat [ ... 1 Einer will, man solle ihm »den Sinn für das Leben eröffnen und doch edel
und anregend unterhalten.« Ein anderer verbittet sich, dass man ihm das »Frühstück
verkümmere.« Weiter: »Die Zeitung ist nicht das Forum zur Aufdeckung von Eiterbeulen,
es genügen uns vollauf die Prozessberichte.« Ein Professor findet die Veröffentlichung
ungehörig, er ist »angewidert«. Ein General will »gute Unterhaltung« und protestiert
aus Pflichtgefühl. Es kommen Leser, die uns bitten, doch auf das Ausland Rücksicht zu
nehmen, dem man solche Einblicke in deutsches Leben nicht geben dürfe; einer beruft sich
auf die "Times", die solche Romane niemals bringen würde. Ein Regierungsrat
kommt mit klassischen und höchst unklassischen Zitaten, in denen das Wort Schweinerei
eine Rolle spielt, und wünscht, dass wir uns bessern, den einen ekelt Döblin an, ein
anderer vermisst die künstlerische Gestaltung. Manchen dieser Briefe ist eine
beträchtliche Plastik der Rede eigen, die Schreiber haben also doch an Döblin gelernt.
Worum es dem Dichter ging und worum es uns ging, als wir ihn druckten (Hervorhebg.
M.S.), haben die Räsoneure nicht begriffen. Aber sehr viele auf der anderen Seite,
alte und sehr viel junge Leute und auch Frauen, rufen »Bravo!« und "Ja!" und
das ist uns Genugtuung.
-
-ck. [Rudolf Geck]: Mosaik. Briefe zu Döblins
Alexanderplatz In: Frankfurter Zeitung. Jg.74, Nr. 817. 1.11.1929
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- Aufgabe:
Schreiben Sie für die Rubrik
"In eigener Sache" der >Frankfurter Zeitung< einen Grundsatzartikel im
Anschluss an Gecks Zusammenfassung des Leserbriefechos (M 3), in dem Sie klären,
"worum es dem Dichter" und der Redaktion geht. Würdigen Sie dabei Döblin als
einen innovativen Dichter der Moderne. Gehen Sie auch auf die Leserbriefe ein.
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