Die Regel im Barock
 
Andreas Gryphius 

Andreas Gryphius ist am 2. Oktober 1616 in dem der böhmischen Krone unterstellten Erbfürstentum Glogau in Schlesien geboren. Er litt bereits in seiner frühen Jugend unter dem Krieg, dessen Schrecken er schon in seiner ersten, von Vanitas- Vorstellungen erfüllten Sonettsammlung verarbeitete, die 1637 erschien. Neben Dramenübersetzungen schuf er Lustspiele und die, besonders auf Schulbühnen aufgeführten von der christlich- stoischen Constantia- Vorstellung geprägten, Trauerspiele. Wie z. B. "Catharina von Georgien". 

1662 wurde der schon in seinen letzten Lebensjahren als vorbildlich geltender Dichter als der "Unsterbliche" in die fruchtbringende Gesellschaft aufgenommen. Andreas Gryphius starb während einer Sitzung der Landstände am 16 Juli 1664. Neben Andreas Gryphius gehören noch Christian Hofmann von Hofmannswaldau, Martin Opitz Friedrich von Logau und zu den berühmten barocken Dichtern. 

 
Gryphius' Porträt ist nach dem ( nicht erhaltenen ) Gemälde eines unbekannten Künstlers Philipp Kilian gestochen worden. 
 

Das Sonett ist eine festgeschriebene Gedichtform, häufig verwendet im Barock.

Die typische Form des Sonettes: zwei Quartette, zwei Terzette. 

Zwischen den beiden Quartetten und dem Terzett kommt die Antithetik durch eine Zäsur zum Ausdruck. Das vorherrschende Thema ist, wie auch in allen anderen kulturellen Bereichen des Barock, die Vergänglichkeit ("Vanitas") im Gegensatz zum ewigen Leben (Leben/Tod).

Ein Beispiel für ein Sonett: Andreas Gryphius "Thranen des Vaterlandes" (Anno 1636)
 
 
Gryphius beginnt mit einer Beschreibung der äußeren Umstände zur Zeit des 30-jährigen Krieges.  
Das Alltagsbild ist geprägt von Zerstörung, Feuer, Blut, Pest, Vergewaltigungen und Tod.   
Die Zäsur, die Gryphius in dem 2. Terzett durch ein "doch" verdeutlicht, leitet die Antithetik ein. Sie ist gleich zweifach vorhanden. Die erste Ausführung der Antithetik bezieht sich auf das "Sein und Schein"- Prinzip. Die Menschen haben soviel Leid erfahren, sind verängstigt, und ihre Habe ist zerstört. Sie werden beginnen sich ihr durch den Krieg zerrüttetes Leben wieder aufzubauen und weiterzuleben, wie vor dem Krieg. Doch ihre Seele ist verdorben. Der Krieg hat großen Schaden an ihr zurückgelassen. Die Menschen sind ungläubig geworden, durch das viele Leid, was ihnen widerfahren ist. Die zweite Ausführung der Antithetik ist der Gegensatz zwischen "der Angst vor der Welt und die Erlösung in der Ewigkeit". Der Krieg hat in "Thranen des Vaterlandes" bei den Menschen die Angst vor der Welt hervorgerufen. So warten die Menschen jetzt auf den Tod, der ihnen, trotz ihrer Ungläubigkeit, die Erlösung vor ihrem irdischen Leid bringen soll.  

Die Dramatik der ersten drei Strophen verblasst völlig in nur drei Zeilen. Das ganze Leid des Krieges, das den Menschen widerfahren ist, wird durch ihre innere Verdorbenheit und ihre Entfremdung zu Gott relativiert.  

"Thranen des Vaterlandes" ( Anno 1636 )  
 
 
Wir sind doch nunmehr gantz / ja mehr denn gantz verheeret! 
Der frechen Volcker Schaar / die rasende Posaun 
Das vom Blutt fette Schwerdt / die donnernde Carthaun / 
Hat aller Schweiz / und Fleiß / und Vorrath auffgezehret. 
Die Turme stehn in Glutt / die Kirch ist umgekehret . 

Das Rathauß wiegt im Grauß / die Starcken sind zerhaun /  
Die Jungfern sind geschand't / und wo wir hin nur schaun 
Ist Feuer / Pest / und Tod / der Hertz und Geist durchfahret. 
Hir durch Schantz und Stadt / rinnt allzeit frisches Blutt. 

Dreymal sind schon sechs Jahr / als unser Strome Flutt /  
Von Leichen fast verstopfft / sind langsam fort gedrungen. 
Doch schweig ich noch von dem / was arger als der Tod / 

Was grimmer denn die Pest / und Glutt und Hungersnoth / 
Das auch der Seelen Schatz / so vilen abgezwungen. 
 
 
  

 Johanna Guttmann, Franziska Papbst 

 
 

© 1997-2013 Michael Seeger, Faust-Gymnasium Staufen, letztes Update 18.09.2013