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Rattenplage-Online

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Von Heike Spannagel

Badische Zeitung
 v. 02.02. 2002

Die Rattenfänger vom Sedanviertel

Anlieger schlägt Alarm / Ordnungsamt beauftragt Firma zur Bekämpfung der Kanalbewohner / Infektionsgefahr besteht nicht

 

In Innenstadt sind die Ratten los. Anwohner haben die Nager in den vergangenen Tagen mehrfach gesichtet. Das Ordnungsamt hat einen Auftrag zur Bekämpfung erteilt. Derweil gibt das Gesundheitsamt Entwarnung: Es besteht keine Infektionsgefahr.

Es war heute vor einer Woche. Morgens um sieben radelte der Geigenbauer Wulf Michalke aus der Bertoldstraße zum Münstermarkt. In Höhe des Rotteckdenkmals sah er plötzlich eine „katzengroße Ratte“ vor sich die Fahrbahn überqueren. Gleich darauf überrollte ein Auto das Tier. „Einfach ekelhaft“, empört sich Michalke. Zumal der platte Kadaver bis gestern auf der Straße lag.

Es blieb nicht bei der einen. Wenige Tage später wurde Michalke nach eigenen Angaben Zeuge, wie sich in einem Stehcafé in der Sedanstraße eine Ratte durch den Holzboden fraß. An der Kreuzung Rotteckring / Bertoldstraße sah er abends Ratten „über die Straße hopsen“ und sich „ganz ungeniert“ in den Grünanlagen am Theater tummeln. Nachbarn hätten beobachtet, wie sich die Tierchen in der Moltkestraße aus einem Gulli herauszwängten – kurzum, Michalke spricht von einer „Rattenplage“. Dass bislang keiner davon erfahren habe, sei leicht zu erklären: „Alle Leute, die Ratten im Haus haben, schämen sich.“ Schließlich gelten die Nager als Boten der Unreinheit.

Entwarnung gibt Rainer Unmüssig, Chef des Freiburger Gesundheitsamts: „Wir haben kein Infektionsproblem.“ Zwar übertrage die in Deutschland beheimatete Wanderratte in seltenen Fällen die Leberkrankheit Leptospirose. Solange der Mensch nicht mit den Tieren in Berührung komme, bestehe aber keine Gefahr. Unhygienisch wird es allerdings, wenn Kanalratten gelagerte Lebensmittel anknabbern. Deshalb bekämpft die Stadt die Nager prophylaktisch. Auf Michalkes Initiative hat das Ordnungsamt die Karlsruher Firma Höllstern zur Jagd im Sedanviertel beauftragt. In den nächsten Tagen werden die Rattenfänger dort mit Gift versetzte Köder verstecken. Das Problem sei in der Gegend nichts Neues, sagt Dittmar Glockner vom Ordnungsamt. „Horrorgeschichten“ wie die von der Dame, die eine Ratte in ihrer Toilette entdeckte, höre er immer wieder. Bereits im vergangenen Herbst habe eine Bekämpfungsaktion stattgefunden. Seit die Stadt vor acht Jahren ihre Desinfektionsanstalt aufgelöst hat, erledigen dies Fremdfirmen für bis zu 500 Euro pro Einsatz. 

"katzengroße Wanderratte" - bis zu 30 cm ohne Schwanz

Foto: Ingo Schneider

„Etwa 24-mal im Jahr sind wir in Freiburg zugange“, sagt Höllstern-Mitarbeiter Bernd Mackert. Auf privatem Gelände zahlt der Grundstückseigentümer.

Abends kommen die Tierchen aus dem in Freiburg 800 Kilometer umfassenden Kanalnetz. Jedes Jahr im Spätsommer, wenn die Population am größten ist, veranlasst das fürs Abwasser zuständige Unternehmen Badenova eine „Grundsatzbelegung“. Bis zu 8000 giftige Köder werden dann über das Kanalnetz verstreut. „80 Prozent der Ratten erwischen wir dabei“, schätzt Karl Waibel von der Badenova.

Fragt sich, warum gerade das Sedanviertel die Ratten so anzieht. „So wie die Anwohner sind auch die Bewohner der Kanäle“, meint Waibel. Unreinlich also, was Geigenbauer Michalke bestätigt: „Wenn ich morgens durchs Quartier gehe, latsche ich durch einen einzigen Mülleimer.“

Informationen zur Rattenbekämpfung beim Ordnungsamt, Tel: 0761 / 201-4871

© 1999-2022 Michael Seeger, Faust-Gymnasium Staufen,  letztes Update 10.02.2022