Nr. 1 /1. Jahrgang |
Online-Sonderausgabe Montag, 21. Januar 1636 |
€ 2,50 |
Trommeln in der NachtEine Stumme bekam eine Stimmevon Veronika Lutz Halle Kattrin Haupt, 30, die Tochter der berühmten Marketenderin Anna Fierling, auch Mutter Courage genannt, hat in der vergangenen Nacht die gesamte Stadt Halle vor dem Tod gerettet. Eine Trommel schlagend saß die junge Frau auf dem Dach eines etwas abgelegenen Bauernhauses, um die Stadtbewohner vor dem bevorstehenden Angriff der Katholischen zu warnen. Ein Bauer berichtete von einem Fähnrich und einem Soldaten, die „mitten in der Nacht bei uns an die Tür klopften. Meine Frau öffnete, sie hielten ihr den Mund zu und holten meinen Sohn und mich aus dem Haus heraus. Aus dem alten Wagen der Marketenderin heraus zerrten sie den Krüppel von Tochter. Sie wollten einen Pfad wissen, wo auf die Stadt führt. Sie drohten meinem Sohn mit einem Spieß und der Vernichtung unseres letzten Viehs, wenn er sie nicht in die Stadt begleiten würde.“ So erfuhr sie von dem Plan des Regiments. Trotz der Drohungen des Fähnrichs, „bei dem geringsten Lärm jedem den Spieß über die Rübe zu ziehen“, kletterte die mutige Frau auf das Dach, um den Wächtern ein Zeichen zu geben. Der Bauer und seine Frau versuchten, sie davon abzubringen, aber alle Versuche scheiterten. Der inzwischen zurückgekehrte Fähnrich ließ seine Drohung wahr werden und nahm sein Gewehr. „Gebt Feuer!“, schrie er und ließ auf die Marketenderin schießen, deren letzte Schläge im Lärm der Kanonen untergingen. „Sie hat’s geschafft.“, sagte der junge Soldat. Eine wahre Heldentatvon Caroline Stiefvater CS - Durch ihren selbstlosen Einsatz hat Kattrin Haupt in der vergangenen Nacht Tausende vor dem sicheren Tod bewahrt. Für die junge Frau schien es selbstverständlich, das Dach eines Bauernhofes zu besteigen, um dort laut die Trommel zu schlagen. Trotz vielerlei Drohungen der Soldaten, sie durch einen Schuss zu töten, blieb die Trommlerin tapfer und nahm somit in Kauf, ihr eigenes Leben für das der anderen zu lassen. „Sie war eigentlich immer da und doch nie zu sehen.“, berichten mehrere Personen aus dem Kundenkreis der Marketenderin. Nicht genug, dass sie keine Stimme mehr besaß, wofür einer der vielen Lebensabschnittspartner ihrer Mutter verantwortlich war, der sie für immer zum Schweigen gebracht hat. Nein, auch die Spuren des Krieges waren in ihrem Gesicht deutlich zu erkennen. Eine große Narbe zierte seit einem Alleingang ihre „Visage“. Doch eines hat die junge Frau nie aufgegeben: ihren sehnlichen Wunsch nach einem Kind. Es wird erzählt, dass ihre sonst so traurig scheinenden Augen durch ein einfaches Kinderlachen zu strahlen begannen. Die zierliche Frau mit dem eher kindlichen Aussehen sank nach dem Todesschuss weinend, aber dennoch die letzten Schläge trommelnd, zusammen. Bis zu ihrem aufopferungsvollen Tod, durch den sie Tausende vor dem Sterben bewahrt hat, war die junge Frau immer still geblieben. Vielleicht war dies ihr Fehler. |
Jetzt oder nie - Kattrins Gedanken Faksimile S. 5
DER KOMMENTAR
Edward Munch: „ Der Schrei“ |
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Kattrin HauptKattrin Haupt wurde am 17.02. 1604 als Tochter einer Marketenderin in Eisenhüttenstadt an der Grenze zu Polen geboren. Nachdem ihre Mutter, genannt Mutter Courage, den Vater, einen Gerber, verließ, wanderte diese mehrere Jahre mit Kattrin, deren Brüder Eilif und Schweizerkas und den ständig wechselnden Lebenspartnern in Ungarn, Frankreich und Polen umher. Glaubt man den Angaben der Mutter, war Kattrin als Kind sehr laut, anhänglich und gerne mit ihren Brüdern zusammen. Im Juli 1609 jedoch geschah etwas, das ihr ganzes zukünftiges Leben bestimmen würde. Ein Unteroffizier der französischen Armee, ebenfalls ein Liebhaber ihrer Mutter, steckte im Alkoholrausch der 5-jährigen Kattrin einen Korken in den Mund. Keinem Arzt gelang es diesen zu entfernen. Von da an blieb Kattrin stumm. Die Familie, nunmehr ohne “Stiefväter“, zog weiter durch Österreich und das südliche Deutschland. In Wien hielt ein unehelicher Sohn eines Schmieds um die Hand der zu dieser Zeit 15-jährigen Kattrin an. Die Mutter verbot allerdings die Heirat, da der Bankert kein Recht auf Erbe hatte und somit nichts mit in die Ehe gebracht hätte. Kattrin blieb ihr Leben lang ledig. Bis zu ihrem Tod war Kattrin ihrer Mutter eine stets treue Begleiterin. Am 19. Januar 1636 wurde sie im Alter von 31 Jahren durch eine Gewehrkugel getötet, als sie die Stadt Halle vor einem herannahenden Heer warnte.
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Personalia
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Ich, weiblich, 30 Jahre alt, kinderlos, liebe Kinder über alles und suche deshalb eine Stelle als Kinderfrau. Falls nötig helfe ich auch gerne im Haushalt. Alle Wochentage möglich. Zuschriften bitte unter Chiffre Nr. 245638 —————– Bauernhof bei Halle sucht Knecht für Arbeiten auf dem Feld und im Stall. Chiffre Nr. 567123 |
Neuer Planwagen für Marketenderin gesucht. Er sollte aus leichtem Material bestehen, aber stabil und für lange, holprige Wege geeignet sein. Gerne auch großes Modell! Chiffre Nr. 857653 —————– Tüchtige Frau zwischen 30 und 40 Jahren als Teilhaberin an einem wiedereröffneten Wirtshaus in Utrecht gesucht. Du solltest mit dem Herd umgehen können und etwas Wirtshaus-Erfahrung mitbringen. Auch eventuelle spätere Heirat und Familiengründung angedacht. Chiffre Nr. 927364 —————– |
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Jetzt oder nie!Kattrin H. rettet Halle und stirbt den HeldentodDurch Einsatz unseres Gehirndetektors ist des uns gelungen, die Gedanken der stummen Kattrin zu entziffern. „Courage“ veröffentlicht hier das Transskript der Aufzeichnungen.von Jonas Begemann "Was hat die Bäuerin gesagt? |
![]() WetterEin heftiger Sturm hat in der Nacht auf Samstag in weiten Teilen der Region starke Schäden verursacht. Hinzu kamen Regengüsse, die Wasser in viele Keller trieben, so dass die Feuerwehren im Dauereinsatz waren. Als ob der Krieg nicht bereits genug Schäden angerichtet hätte, wurden mehrer kleine Dörfer nun auch noch von Mutter Natur bestraft.
Mo 21.01. 1636 Di 22.01. 1636 Mi 23.01. 1636 Do 24.01. 1636 So 27.01. 1636
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© 2005-2010 Michael Seeger, Faust-Gymnasium 79219 Staufen, Letzte Aktualisierung 14.05. 2010