Innerer Monolog
Tells über die Tötung von Gessler Szene IV,3
Ja, ich habe gemordet, ja sogar heimtückisch. Aber ich
habe diese Tat nicht ohne Grund getan. Ich bereue nichts. Dem Mörder der
schweizerischen Freiheit habe ich seine gerechte Strafe zukommen lassen. Der
Gessler, der Landvogt hat soviel Unheil angerichtet. Ich musste dem ein Ende
setzen. Die Tyrannei Gesslers hat Überhand genommen. Vor allem hatte ich auch
persönliche Gründe für meine Tat. Auch das Schweizer Volk hat von meinem
Vorgehen profitiert, und meine Gründe waren edel und nachvollziehbar. Ich war zeitlebens
ein Mann des Friedens, der keiner Seele Leid zugefügt hat. Doch der Gessler
wollte, dass ich eigenhändig meinen Sohn töte, und nur weil ich ein freier
Schweizer bin, der den Kopf nicht vor einem Hute beugt. Auf meinen eigenen Sohn
musste ich schießen, der einen Apfel auf dem Kopf hatte. Wen ich mich geweigert
hätte wären wir jetzt beide tot. Er wollte Nervenkitzel erleben, dieser Schuft.
Zum Glück hat mein geliebter Sohn überlebt, aber Gessler hätte seinen Tod
genossen. Die Vorstellung, dass nicht der Apfel, sondern der Kopf meines Sohnes
getroffen worden wäre, raubt mir fast meine Seele. Einem Vater so etwas
anzutun, ist unter aller Würde. Gessler soll sich schämen! Er hat mich gefangen
genommen, doch ich bin entkommen. Gessler hätte sich an meiner Familie rächen
wollen. Oft genug haben Unbeteiligte Gesslers Rache zu spüren bekommen. Vor
allem war ich es dem Herrgott schuldig, dem ich im Stillen geschworen hatte,
den Gessler mit dem nächsten Pfeil, den ich abschieße, zu töten. Selbst der
Kaiser hätte nicht so sehr die Rechte seiner freien Untertanen missachten
dürfen, wie es der Gessler tat. Dieser Tyrann erhielt die Strafe Gottes, denn
er hat uns allen die Heimat genommen. Wir führten wegen ihm ein gar grausiges
Leben. Selbst der frömmste Mann hätte bei all dem Unrecht, zur Waffe greifen
müssen. Ich habe bei meinem tödlichen Schuss letztlich nicht an mich gedacht.
Meine Gedanken waren bei meinen zwei lieben Kindern, meiner Frau und bei all
den unterdrückten Schweizer Brüdern und Schwestern. Ich, der Tell, ich sag’s zu
mir selbst, mein Gewissen ist rein von jeder Schuld. Dieser Tyrann hat den Tod
verdient.