Erörterung der Frage:
Ist Friedrich Schiller auch heute noch modern?

GFS Deutsch (Gleichwertige Feststellung von Schülerleistung)

Schüler: David T., Faust-Gymnasium Klasse 8 b
Aufgabe: GFS-Zusatzleistung
Unterrichtsfach: Deutsch
Fachlehrer: Michael Seeger
Datum: Staufen, 20. Januar 2005

Inhaltsverzeichnis

I. EINLEITUNG

II. DER DICHTER FRIEDRICH SCHILLER WÄHREND DEN DAMALIGEN GESCHICHTLICHEN EREIGNISSEN

1. Biographie

2. Kurze Beschreibung der Person Schiller

III. DAS MODERNE AN SCHILLER UND SEINEN WERKEN

1. Kommunikation
2. Ausdruck von Gefühlen
3. Politik
4. Tradition und Theater

Literaturverzeichnis

I. EINLEITUNG

200 Jahre - ein winziger Zeitraum angesichts der Entstehung unserer Welt und der Unendlichkeit des Universums 200 Jahre - aber auch ein Zeitraum, der weit über ein Menschenleben hinausgeht, eines Zeitraum, der viele Generationen auseinander liegt 200 Jahre - in denen die größten Freiheitsbewegungen sowie Weltkriege stattfanden, aber auch technischer Fortschritt sowie die Globalisierung der Erde.

Die Frage meiner Erörterung, ob Schiller heute noch modern ist, beinhaltet neben der Beschreibung des Dichters Schiller und dessen Werk, die Frage nach dem Modernen in unserer Zeit. Schiller ist modern in Bezug auf unsere heutige Kultur, in der wir leben.
Den Begriff „modern“ und die „Moderne“ wird im Duden in folgenderweise formuliert: „modern (lat.-fr.): 1. der Mode (1,2) entsprechend.
2. neuzeitlich, - artig.
Die Moderne: 1. moderne Richtung in Literatur, Musik u. Kunst. 2. Gegenwart, die jetzige Zeit u. ihr Geist.“ (DUDEN 1974, S. 470) Für meine GFS Arbeit bedeutet modern die Gegenwart, die jetzige Zeit.
Kultur kann man auch Lebensform nennen. Unter Kultur/ Lebensform versteht man: 

Für meine Arbeit will ich das Moderne an Schiller anhand folgender Lebensformen vergleichen: Kommunikation, gefühlsmäßigen Ausdrucksweisen, Politik, Tradition und Theater

II. DER DICHTER FRIEDRICH SCHILLER WÄHREND DEN DAMALIGEN GESCHICHTLICHEN EREIGNISSEN

Bei der Darstellung der Biographie und Person des bekannten Dichters Friedrich Schiller beziehe ich mich auf einen Artikel aus dem Spiegel von Volker Hage „Die Feurige Seele“; in: Der Spiegel; Nr. 41 / 4.10.04; S. 170 bis 190.

1. Biographie

Johann Christoph Friedrich Schiller, wurde am 10. November 1759 in Marbach am Neckar geboren. Nach dem Besuch der Lateinschule, folgte 1774 Jurastudium in der von ihm gehassten Militärschule. Zu dieser Zeit erschien Goethes „Leiden des jungen Werthers“. 1776 nahm er das Medizinstudium auf, beendete es 1780 erfolgreich. Während des Studiums las er die Werke von Shakespeare.
04. Juli 1776 erklärten die USA ihre Unabhängigkeit gegenüber England. Zu der Zeit, besuchte Schiller 1781 den Dichter Schubart, der für 10 Jahre wegen obrigkeitskritischen Schriften eingekerkert worden war. Am 13. Januar 1782 spielte man erstmals Schillers Drama „Die Räuber“.
Am 14.Juli 1789 wurde die Bastille in Paris gestürmt, was die französische Revolution auslöste. Schiller wurde aufgrund seiner despotenkritischen Schriften im August 1792 von der französischen Nationalversammlung zum Ehrenbürger Frankreichs ernannt.
1790 heiratete Schiller Charlotte von Lengefeld und hatte mit ihr vier Kinder.
03. Dezember 1799 komponierte Beethoven seine erste Sinfonie. Wenngleich Schiller in jüngeren Jahren Schriften veröffentlichte, war seine größte Schaffensphase kurz vor seinem Tod, wo er bspw. „Maria Stuart“, „Die Jungfrau von Orleans“, „Die Braut von Messina“ oder „Wilhelm Tell“ schrieb. 
Obwohl Goethe anfangs den Kontakt mit Schiller ablehnte, begann dennoch ab Juli 1794 die Freundschaft mit Goethe.
Am 09. Mai 1805 starb Schiller nach einem Fieberanfall.

2. Kurze Beschreibung der Person Schiller

Friedrich Schiller war ein schlaksiger, ca. 1,80 großer, also für seine Zeit sehr groß-gewachsener Mann. Seine Zeitgenossen und Jugendfreunde haben den zeitlebens schwäbelnden Dichter als sommersprossig, mit rötlichen Haaren und langem Hals beschrieben. Er selbst dürfte sich in der Figur des Freiheitskämpfers Wilhelm von Oranien heimlich porträtieren lassen.
Er war ein großer Stilist. Die Räuber um den Rebellenanführer Karl Moor waren es, die Schillers Weg bereiteten und bestimmten:

 „Mein Geist dürstet nach Taten, mein Atem nach Freiheit.“

Zu Lebenszeiten Schillers, Mitte des 18 Jahrhunderts, dem Zeitalter der Aufklärung, bestand Deutschland aus etwa 300 Kleinstaaten, die allesamt hoffnungslos verschuldet waren. Die Konsequenz der verschwendungssüchtigen Obrigkeit war, übermäßig viele Steuern zu fordern und das Volk zu unterdrücken, was nicht nur Schiller zutiefst empörte. Die Freiheit war fortan Grundmotiv seines Denkens und Dichtens. Selbst in Haft in Stuttgart hatte Schiller voller Empörung ein Drama konzipiert, das Heuchelei, Ausbeutung, moralische und sonstige Misswirtschaft am Hofe zeigen sollte. Neben der persönlichen Freiheit forderte er auch Gedankenfreiheit.
Schiller war ein Frauentyp, galt als Draufgänger und recht triebhafter Frauenheld – Bordellbesuche, Tabak und Alkoholkonsum waren ihm nicht fremd.

Schillers poetische Stärke bestand in seiner unglaublichen Klarheit. Er war ein Genie der Klarheit, was ganz besonders Goethe sehr zu schätzen wusste.

Er selbst wurde als einer der Erfinder des deutschen Idealismus bezeichnet. Manche bezeichnen ihn als den Erfinder der Deutschen Bildungsidee. Seine Idee war es, dass der Mensch sich für sich selbst bildet und nicht für seine Ausbildung, interessant wenn man an die aktuelle Bildungskatastrophe der Deutschen Schulen nach der PISA Studie denkt.
Schiller, von manchen als Revoluzzer bezeichnet, war für Freiheit, Selbstbestimmung des Volkes (Demokratie), gegen Despotismus, aber gegen gewaltvolle Revolution.
Er war nicht nur schriftstellerischer Freiheitskämpfer und Vordenker der Demokratie, sondern ein Enthusiast der Freiheit.

III. DAS MODERNE AN SCHILLER UND SEINEN WERKEN

In dem folgenden Abschnitt meiner Erörterung will ich zeigen, in welchen Bereichen Schiller heute noch modern ist.

Kommunikation

Briefeschreiben entsprechend dem heutigen „Chatten“

Schiller schrieb in seinem Leben über 2.200 Briefe, dessen Themenbereiche von langen Diskussionen, Liebe, Eifersucht bis hin zu Farben und Muster seiner neuen Tapete reichten (siehe hierzu Briefe an Goethe, Charlotte von Lengefeld und deren Schwester, seinem Freund Körner etc.) Die Kommunikation war Schiller zum Erhalt alter oder zur Knüpfung neuer Freundschaften sehr wichtig (siehe hierzu Helmut Koopmann; Schillers Leben in Briefen; Verlag Hermann Böhlhaus). Besonders im Briefwechsel mit Goethe tauschte er sich mit ihm über dessen Theaterstücke aus und gab Goethe nicht wenige Verbesserungsvorschläge.
Heutzutage trifft man sich in einem Chatroom und kommuniziert dort schriftlich miteinander und anstatt Büttenpapier und Gänsefeder benutzt man PC und Tastatur.

Schillers logische Denkstruktur

Schillers Stärke war seine unglaubliche Klarheit, die er aus seinem logischen Denken gewann. Wenn er zum Beispiel ein Stück schrieb, machte er sich zuerst ein Konzept und formulierte den Leitgedanken, um das Stück auf den Punkt zu bringen. Dann zerlegte er es in Teile und Kapitel. Goethe dagegen schrieb mehr aus seinem Gefühl heraus. Deshalb konnte Goethe genial poetisch Schreiben, Schiller dagegen hatte Schwierigkeiten mit Poesie, da er sich dabei mit seiner Klarheit selbst im Weg stand.
Das moderne an Schillers Denken bestand also in seinem logischen Denken, was man heute besonders im politischen oder juristischen Denken finden kann.

Schillers Metaphern

In vielen von Schillers Theaterstücken finden wir Sentenzen, die auch heute noch verwendet werden. Z. B. aus Wilhelm Tell:
- „Früh übt sich, was ein Meister werden will“ (Schiller S. 49)
- „Die Axt im Haus erspart den Zimmermann“ (Schiller, S. 50)
- „ Es kann der Frömmste nicht im Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt.“ (Schiller, S.85)

Ausdruck von Gefühlen

Schillers Themen wie Liebe, Macht, Habgier usw.
Diese Themen von damals sind auch heute noch modern. Schiller schrieb über die Liebe z. B. in den Briefen zu den beiden Schwestern Lengefeld. Auch Macht und Habgier spielten in z.B. in Wilhelm Tell eine große Rolle. Auch heute muss man nur den Fernseher einschalten, um einen Liebesfilm zu sehen oder in den Nachrichten Georg W. Bush’s Kampf um Macht und Öl zu verfolgen.
Schillers Werke beinhalten Themen, die sicher auch schon in der Antike eine Rolle gespielt haben und auch in der Zukunft nie an Bedeutsamkeit verlieren werden.

Politik

Schillers Gedankenfreiheit

„Ich kann nicht Fürstendiener sein!“, hatte es in Schillers Don Carlos, seinem vierten Drama geheißen. Auch beschrieb er ein schauderhaftes Bild des Despotismus und forderte die Freiheit der Gedanken: „geben Sie Gedankenfreiheit“. Später gab es Lieder wie“ die Gedanken die sind frei, wer will sie erraten...“ Heute ist die Gedankenfreiheit wieder ein neues Thema. Auch heute noch ist Gedankenfreiheit nicht in allen Ländern selbstverständlich, als z. B. Schell eine Pipeline in Afrika mitten durch ein Dorf errichtete und sich ein Bürger dagegen auflehnte, wurde er von der Polizei festgenommen. Oder wer wagt es denn z. B. einer Gruppe von Neonazis an einem Fest in Staufen die freie Meinung zu sagen? Da kann man von Schiller noch einiges lernen.

Schillers Freiheitsverständnis

Die Themen wie Freiheit, Demokratie Gleichberechtigung, Kritik an der Gewaltherrschaft werden unter anderem im „Willhelm Tell“ bearbeitet. Die Rechte des Individuums, der unverwechselbaren Persönlichkeit, waren ihm heilig. Sie waren es ja, was er unter Freiheit verstand. ‚Durch was sonst ist ein Staat groß und ehrwürdig, als durch die Kräfte seiner Individuen?’ (Schiller in Hage 2004, S. 186). Und nur so ist auch seine Abneigung gegen Aufruhr zu verstehen, weil er darunter die Gefährdung der Freiheit verstand, die ja erreicht werden sollte. Auch in „Wilhelm Tell“ ist der Freiheitsgedanke genannt, „...der Landsmann stürzt sich mit der nackten Brust, ein freies Opfer in die Schar der Lanzen, er bricht sie und des Adels Blüte fällt, es hebt die Freiheit siegend ihre Fahne…“ (Schiller, S. 79)

Schillers Demokratieverständnis

„…wir stehen hier statt einer Landsgemeinde und können gelten für ein ganzes Volk. So lasst uns tagen nach den alten Bräuchen des Lands, wie wir’s in ruhigen Zeiten pflegen…“ (Schiller, S.38) In diesem Zitat kann man sehen, dass Schiller die Idee einer Demokratie hatte, in der Stellvertreter eines Volkes in einer Versammlung Entscheidungen treffen, die zum Besten des Volkes sind. Heute ist die Demokratie als Staatsform in vielen Nationen selbstverständlich. Aber auch heute noch gibt es viele Menschen, die sich für demokratische Wahlen in ihren Ländern kämpfen z. B. in der Ukraine.

Schillers Kritik an Gewaltherrschaft

Schiller lebte zu der Zeit der Aufklärung in der sich die USA vom Mutterland England unabhängig gemacht hat, und Frankreich eine Revolution durchführte. Der Grund war Widerstand gegen Despotismus, das große Thema, das er in Schriften wie „Don Carlos“ und „Wilhelm Tell“ bearbeitete.

Schillers Idee der europäischen Staatengesellschaft

Bei seiner Antrittsrede als Professor in Jena im Mai 1789, wenige Wochen vor dem Sturm auf die Bastille, jubelten ihm viele Hörer, vor allem Studenten zu. „ ...Die europäische Staatengesellschaft scheint in eine große Familie verwandelt...’ ‚... Die Hausgenossen können einander anfeinden, aber nicht mehr zerfleischen.’ (Schiller in Hage 2004, S. 190). Dieser weit blickende und moderne Gedanke wurde jedoch erst 200 Jahre später, mit dem Fall der Berliner Mauer in die Wirklichkeit umgesetzt.

Gedanke zu Arbeitern und Arbeitslosigkeit

Schiller, war auch ein sehr vorausschauender Mann, der sich auch Gedanken zu bestimmten Menschen in der Bevölkerung machte. Er fragte: ‚Was ist man dem Arbeiter schuldig, wenn er nicht mehr arbeiten kann, oder nichts mehr für ihn zu arbeiten sein wird? Was dem Menschen, wenn er nicht mehr zu brauchen ist.’ (Schiller in Hage 2004, S. 190) Modern ist der Gedanke, weil man sich in Deutschland, mit etwa 4,5 Millionen Arbeitslosen dringend Gedanken machen muss, wie denn ein Leben ohne Arbeit noch sinnvoll zu leben ist (vgl. Hage 2004, S. 190).

Tradition und Theater

Schillers Dramen werden heute noch häufig aufgeführt. Gerade jetzt, 200 Jahre nach Schillers Todestag, sind seine Theaterstücke brand aktuell. Derzeit werden in Freiburg Schillers Leben in Briefen sowie einige seiner Theaterstücke gespielt und auch von jüngeren Zuschauern besucht. Über die Jahrhunderte sind die Menschen bis heute fasziniert von Schillers Theater und finden neben den gewöhnlichen Unterhaltungsmedien wie Fernseher, Kino, Radio usw. Freude am Schauspiel.

Zusammenfassung

Kulturbereiche

Das Moderne an Schiller

Schriftliche Kommunikation
Briefeschreiben entsprechend dem heutigen „Chatten“
Schillers logische Denkstruktur
Schillers Sentenzen und Aphorismen
Ausdruck von Gefühlen
Schillers Gedankenfreiheit
Schillers Themen wie Liebe, Macht, Habgier usw.
Politik (Politische Gedanken, Fragen, Hoffnungen) 
Schillers Freiheitsverständnis
Schillers Demokratieverständnis (Tell)
Schillers Kritik an Gewaltherrschaft
Schillers Idee der europäischen  Staatengesellschaft
Schillers Gedanke zu Arbeitern und Arbeitslosigkeit
Tradition / Theater
Schillers Dramen werden heute noch häufig aufgeführt

 

Literaturverzeichnis

Duden (1974); Duden Fremdwörterbuch; S. 470; Mannheim 1974

Hage, Volker (2004); „Die Feurige Seele“; in: Der Spiegel; Nr. 41 / 4.10.04; S. 170 bis 190

Koopmann, Helmut; Schillers Leben in Briefen; Verlag Hermann Böhlhaus

Kron, F. (1996); Grundwissen Pädagogik; München 1996

Schiller, Friedrich; Wilhelm Tell; 7. Hamburger Leseheft; Hamburger Lesehefte Verlag;


Bewertung

GFS (Deutsch) David T:

Ist Friedrich Schiller auch heute noch modern?

Du hast dir ein für dein Alter sehr anspruchsvolles Thema gewählt und es mit Bravour gemeistert. Die Recherche ist gut und gründlich und auf wenige Texte (v.a. Spiegel-Titel) konzentriert. Saubere Quellenangabe.

Die Arbeit ist klar gegliedert und von bestechend scharf strukturiertem Gedankengang. Vielleicht hat da insgeheim der Genius des Erörterungsgegenstandes auf dich gewirkt.
Glänzende Formulierungen geben der Arbeit ein individuelles Gepräge, wie z.B.,

"Schiller dagegen hatte Schwierigkeiten mit Poesie, da er sich dabei mit seiner Klarheit selbst im Weg stand."

Leider waren zu viele Fehler zu korrigieren. 27 habe ich (positiv) verbessert und dies ab der Mitte mit roter Farbe markiert. Die Formatierung ist – auf dem Papier – sauber. 7 doppelte Leerzeichen habe ich korrigiert. In der elektronischen Version, sieht man, dass du ein „Leerzeichenformatierer“ bist. 
Nutze den ITG-Unterricht im 2. Hj., um das Formatieren mittels Einzügen und Tabulatoren anstatt mit Leerzeichen zu lernen. (Dieser Aspekt ging nicht in die Bewertung ein.)

Note: sehr gut bis gut

1-2, see 22. 01. 2005