Seminarkurs 2000/01 
"Dolly und die Folgen"
Eine Begegnung von Natur- und Geisteswissenschaft
in Fragen der Humangenetik
 
Team
 
Schriftliche Arbeit im Seminarfach (Jgst. 12)
 
Entwicklung, Gegenwart und Zukunft 
gentechnisch veränderter Lebensmittel
Inhalt
 
1. Einleitung
2. Biologische Grundlagen
3. Gentechnik im Supermarkt. Was essen wir?
4. Vorteile und Risiken gentechnisch veränderter Organismen (GVO)
5. Folgen für die Welternährung durch Gentechnik
6. Europäisches Recht
7. Allgemeine Haltung gegenüber gentechnisch veränderter Lebensmittel und die Einstellung der Konzerne
8. Schluss
Quellenangaben
 
1. Einleitung
 
Seit jeher ist der Mensch darum bemüht seine Handlungen ständig zu verbessern.
So ist es auch beim Anbau und der Herstellung von Lebensmitteln. Das Ziel war und ist es, diese zu verbessern, haltbarer zu machen und nicht zuletzt auch schmackhafter. So wurde 3000 v.Chr. das erste Brot gegoren, und im Jahre 0 das erste Bier produziert. Es fanden mit der Zeit immer mehr Entwicklungen statt. Doch noch nie geschahen diese so schnell aufeinander folgend wie im 19. Jahrhundert. Besonders schnell sind die Entwicklungen im Bereich der Gentechnologie. Schon zwei Jahre nachdem Forscher entdeckten, wie es möglich ist Abschnitte der DNA von einem Organismus in einen anderen zu bringen, wurde diese Entdeckung 1982 zur kommerziellen Produktion von Insulin genutzt, und schon ein Jahr später war die erste transgene Pflanze da: eine gegen ein Antibiotikum resistente Tabakpflanze.
Doch gerade diese rasante Entwicklung ist es, die uns Angst macht vor den möglichen negativen Auswirkungen, die sie mit sich bringen könnte.
In meiner Seminararbeit möchte ich mich mit den Vorteilen und den Risiken beschäftigen, die gentechnisch veränderte Nutzpflanzen, und damit auch Lebensmittel mit sich bringen können. Zuerst möchte ich kurz auf die  Möglichkeiten eingehen, wie man speziell Pflanzen gentechnisch verändern kann. Ich möchte versuchen, möglichst viele Aspekte zu beleuchten, die Sicht der Verbraucher, die der großen Chemie und Agro-Konzerne, sowie die derer, die dazwischen stehen (z.B. Landwirte).
Außerdem möchte zeigen, wo wir heute stehen, wo wir gentechnisch veränderte Nahrungsmittel zu uns nehmen, wie häufig sie vorkommen und wie wir sie erkennen können. In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf die gesetzlichen Verordnungen und Auflagen eingehen und diese kritisch betrachten.
 
 
2. Biologische Grundlagen
 
Jedes Lebewesen hat bestimmte, typische Eigenschaften, sowohl phänotypisch (äußerlich), als auch genotypisch (auf die Gene bezogen).Diese Eigenschaften zeichnen das Lebewesen aus. So ist z.B. bei Pflanzen ein deutlicher Unterschied zwischen einer Tanne und einer Tulpe erkennbar. Dies liegt daran, dass diese beiden Pflanzen verschiedenen Arten angehören. Definitionsgemäß gehören diejenigen Lebewesen zu einer Art, die sich untereinander vermehren können.
Es ist Lebewesen also nicht möglich sich über Artgrenzen hinweg zu vermehren.
Die Gentechnik aber ermöglicht es dem Menschen, Veränderungen und daraus resultierend auch Vermehrung über Artgrenzen hinweg möglich zu machen.
Dies erfolgt über die DNA, die die gesamte Erbinformation eines Lebewesens enthält. Das Ziel ist es, bestimmte Eigenschaften eines Organismus A auf einen Organismus B zu übertragen und diesen dadurch gezielt zu verändern. Für diesen „Gentransfer“ gibt es vier Verfahren die aktuell angewandt werden, sowie eines welches noch nicht ausführlich genug erforscht wurde, welches aber in Zukunft stark an Bedeutung gewinnen wird.
Auf diese Verfahren möchte ich jeweils kurz eingehen:
 
 
2.1 Übertragung durch Plasmide
 
Das Agrobakterium tumefaciens enthält ein Plasmid (Ti-Plasmid) welches in Pflanzen einen Tumor erzeugt. Während der Infektion kann ein Teil der Plasmid-DNA auf die Pflanzenzelle übertragen werden. An dieses Plasmid kann man nun an ein Fremdgen koppeln. Das Plasmid mit dem Fremdgen wird in einen Protoplasten (junge Pflanzenzelle) injiziert und auf einen sterilen Nährboden gebracht. Dort wird es zu einem Zellhäufchen (Kallus) weiter gezüchtet, woraus DNA eine neue Pflanze mit neuen Eigenschaften gezogen werden kann. Die Übertragung und ein stabiler Einbau in die Zelle erfolgt allerdings zufällig, es sind also viele Übertragungsversuche notwendig, um die neue Eigenschaft zu übertragen.
 
 
2.2 Übertragung durch Viren
 
Einige Viren können zur Übertragung von Genen auf andere Organismen genutzt werden. Dazu müssen sie so manipuliert werden, dass sie nicht mehr den Organismus der Zelle kontrollieren, den sie infiziert haben, und sich somit auch nicht mehr vermehren können. Nun kann den Viren die gewünschte DNA hinzugefügt werden. Bei einer Infektion wird die Viren DNA in die Zelle übertragen. Eine stabile Aufnahme erfolgt allerdings auch hier nicht in allen Zellen.
 
 
2.3 Die Übertragung per Gen- Kanone
 
Diese Methode wurde für Pflanzen entwickelt, bei denen eine Übertragung mit Viren oder Plasmiden als „Gentaxis“ nicht möglich ist.
Die DNA wird an winzigen Goldkügelchen „befestigt“ und mit einer Minikanone in die Pflanzenzelle geschossen. Die an dem Kügelchen haftende DNA wird auch bei diesem Verfahren nicht zuverlässig von der Pflanzenzelle aufgenommen.
 
 
2.4 Elektroporation
 
Bei diesem Verfahren wird die Pflanzenzelle in ein Medium gegeben, in dem sich die DNA die aufgenommen werden soll, befindet. Nun wird elektrischer Strom angelegt, der die Membran für kurze Zeit durchlässig macht. Die DNA kann also eindringen. Doch auch bei diesem Verfahren erfolgt die Aufnahme der fremden DNA wieder nur zufällig.
 
 
2.5 Springende Gene
 
Unter springenden Genen versteht man DNA-Abschnitte, die innerhalb des DNA-Stranges ihre Position verändern könne, oder sogar das DNA Molekül verlassen, sowie sich später wieder integrieren können. Diese Form von Genen kommt in vielen Organismen natürlich vor. Springende Gene lassen sich ebenfalls isolieren und in vitro manipulieren. Man kann ihnen also auch neue Gene hinzufügen. Wird das springende Gen nun wieder in die Zelle „zurückgebracht“ , wird das neue Gen sicher mit aufgenommen. Der Vorteil dieses Verfahrens liegt auf der Hand. Die Wissenschaftler können sich sicher sein, dass das Gen eingebaut wurde. Zudem wird bei den anderen vier Verfahren das Gen, wenn es integriert wurde, an einer beliebigen Stelle eingebaut. Mit den springenden Genen ist es aber in Zukunft möglich, die Gene gezielt einzubauen.
 
 
3. Gentechnik im Supermarkt. Was essen wir?
 
Die gentechnische Veränderung von Pflanzen und Mikroorganismen wird heute am häufigsten durchgeführt und ist auch am weitesten entwickelt, dies zeigt die Tatsache, dass gentechnisch veränderte Pflanzen großflächig angebaut werden, wie auch der Einsatz von genetisch veränderten Mikroorganismen, die heutzutage z.B. in der Herstellung von Vitamin B2 und B12 eine wichtige Rolle spielen.
Als exemplarisches Beispiel möchte ich aber die Sojabohne verwenden. Mit ihr begann in Europa der Einzug gentechnisch veränderter Rohstoffe. Soja kommt ursprünglich aus Asien; die asiatischen Länder spielen auf dem Weltmarkt jedoch keine Rolle, da sie Soja überwiegend für den Eigenbedarf anbauen. Auch in unseren Breiten hat der Sojaanbau aus klimatischen Gründen kaum Bedeutung. Die USA, Brasilien und Argentinien liefern den Hauptanteil der weltweiten Sojaernte. Sojabohnen sind roh für den Menschen ungenießbar. Sie haben jedoch einen Ölanteil von 20%, und einen Eiweißanteil von 40%, außerdem sind sie reich an essentiellen Aminosäuren. Beide Rohstoffe werden für die menschliche Ernährung genutzt, teilweise aber auch zu Tierfutter verarbeitet.
Eine wichtige Rolle spielt das Lecithin, ein natürlicher Emulgator, welcher aus Soja gewonnen wird. (Emulgatoren verbinden Stoffe, die sich normalerweise nicht vermischen lassen, z.B. Wasser & Öl. Sie sind bei der Lebensmittelherstellung als Zusatzstoffe unerlässlich z.B. bei Margarine, Schokolade, Milchmischgetränke etc.) Aber auch Sojamehl ist vor allem bei der Herstellung von Fertigprodukten sehr wichtig, da es einen hohen Anteil an Antioxidianten (Stabilisatoren) hat, die den Fettverderb verlangsamen und das Austreten von Füllungen verhindern. Zudem ist Sojaprotein noch ein relevantes Produkt der Sojabohne. Es wird für Fertigprodukte verwendet, aber auch für Fleisch- und Wurstwaren, sowie für proteinreiche Nahrung für Sportler, Kinder und Kranke.
1995/96 wurde in den USA die erste gentechnisch veränderte Sojabohne der Firma Monsanto kommerziell genutzt. Diese Sojabohne ist resistent gegen ein Herbizid (Unkrautvernichtungsmittel) der o.g. Firma. Diese Bohne ist auch in der EU seit 1996 zugelassen, erlaubt ist jedoch nur Import, Handel und Verarbeitung. Der Anbau ist bis auf weiteres nicht zugelassen.  Der Anteil der in den USA angebauten, gentechnisch veränderten Sojabohnen belief sich 1996 auf 1.5% ,1998 bereits auf 40%.
Die Tendenz ist steigend, da man mit dem Herbizid sämtliche Pflanzen auf dem Feld abtötet, außer der resistenten Sojabohne.(s. Vorteile & Risiken)
Schätzungen zufolge sind in etwa 20 000 bis 30 000 verschiedenen Nahrungsmitteln Sojabestandteile in irgendeiner Form zu finden.
Außerdem weigern sich die Sojahersteller, die konventionellen Pflanzen getrennt von den Veränderten zu lagern, zu transportieren und zu verarbeiten.
Wie kann man nun noch erkennen, ob man genmanipulierte Nahrungsmittel konsumiert?
Es gilt zwar seit September 1998 die Kennzeichnungspflicht für Produkte, die gentechnisch veränderte Sojabohnen enthalten (s. Rechtslage), das Kriterium ist aber die Nachweisbarkeit im Produkt. Doch häufig ist dies nach der Verarbeitung der Bohne nicht mehr nachweisbar, da z.B. bei der Ölgewinnung DNA und Proteine zerstört werden. Lecithin aus gentechnisch veränderten Sojabohnen muss generell nicht gekennzeichnet werden, da es zu Zusatzstoffen zählt, die nach der Novel Food Verordnung nicht gekennzeichnet werden müssen.
Je stärker ein Produkt also verarbeitet wurde, desto unklarer ist woher es kommt.
 
Lebensmittel die Sojaprodukte enthalten: u.a. Speiseöl, Chips, Schokolade(als Emulgatoren oder pflanzl. Fette),Fleischersatz z.B. Tofu, über Tierfutter in Milch u. Fleisch.
 
Weitere Pflanzen die gentechnisch veränderbar sind:
 
Mais: Er kann ohne den Einsatz von Dünge- und Unkrautvernichtungsmitteln nicht wachsen, da sich andere Wildpflanzen durchsetzen würden. Der stärkste „Maisfeind“ ist die Raupe des Maiszünslers, diese Schmetterlingsraupe befällt den Mais und führt zu Halmbruch. Dies hat erhebliche Ernteschäden zur Folge (bis zu 40%).Um dem entgegenzuwirken, setzt man ein natürliches Toxin ein, welches aus dem Bodenbakterium Bacillus thuringiensis (Bt-Toxin)* gewonnen wird. Dieses Gift wird schon seit Jahrzehnten verwendet und ist eines der wenigen, das auch im ökologischen Landbau zugelassen ist. Wissenschaftlern ist es gelungen, das Gen für dieses Gift in Maispflanzen zu übertragen. D.h. die Maispflanzen können das Gift nun selbst produzieren. Dieser sog. Bt-Mais wird auch in Deutschland angebaut und hier vor allem durch die Firma Novartis vertrieben. Andere manipulierte Maissorten spielen in Europa noch keine wichtige Rolle, da sie noch nicht genug erforscht sind oder nicht zugelassen wurden.
 
*Wurde auch in Baumwolle eingebaut.
 
Lebensmittel die Maisprodukte enthalten: Tortillas, Flips, Cornflakes, Salatöl, Mayonnaise,Margarine.
 
Zutaten (keine Kennz.pflicht):u.a. Dextrose, Glucose, Sorbit (E 420), mod. Stärke.
 
Raps: Seit 1998 gibt es eine europaweite Zulassung für einen Herbizid toleranten ist beschränkt auf Import, Lagerung und Verarbeitung. Raps der Firma AgrEvo (Markenname: Basta u. Liberty). Die Zulassung beschränkt sich auf Import, Lagerung und Verarbeitung. In Kanada betrug der Anteil an verändertem Raps 1997 bereits 40% der Gesamtanbaufläche.
 
Lebensmittel die Rapsprodukte enthalten können:
 
Rapsöl (wird meist als pflanzliches Fett oder Öl deklariert), Margarine, Schokolade, Speiseeis, Fischkonserven, Fettglasuren
 
Rohstoffe, an denen noch geforscht wird/die noch nicht zugelassen sind:
Weizen und Gerste, Sonnenblumen, Kartoffeln, Tomaten (FlavrSavr ist in Europa nicht zugelassen), Zuckerrüben, Reis
 
 
4. Vorteile und Risiken gentechnisch veränderter Organismen (GVO)
 
Vorteile: Resistenzeigenschaften gegen bestimmte Herbizide spielen heute die größte Rolle auf dem Markt der GVO , ihre Vorteile liegen darin, dass man, wenn man ihnen z.B. ein Resistenzgen gegen ein Breitbandherbizid einbaut, durch das Spritzen mit dem Herbizid alle Pflanzen des Feldes vernichtet, außer der erwünschten Nutzpflanze. Laut Angabe des Agrokonzerns Monsanto kann man so bei gleichem Ertrag 30% der normalerweise benötigten Herbizidmenge einsparen.
Dies sind also Vorteile für den Landwirt, er spart Kosten durch den gesenkten  Herbizidverbrauch und außerdem Betriebskosten, da er nicht mehr so oft und so viel spritzen muss.
Auch für die Umwelt hat dies eindeutige Vorteile was zum Beispiel das ohnehin schon belastete Grundwasser betrifft.
Weitere Vorteile bringen gentechnisch veränderte Mikroorganismen, die vor allem in der Vitamin Produktion ein bedeutende Rolle spielen.
Die Effizienz der Produktion lässt sich durch ihren Einsatz deutlich  steigern, sie brauchen z.B. weniger Energie und Rohstoffe, produzieren dadurch weniger Abfall und liefern oft eine stabilere Produktqualität. Dies sind sowohl Vorteile für die Umwelt, da weniger Abfälle entstehen, als auch Vorteile für den Betrieb, da die Produktion vereinfacht wird, und dadurch Arbeitskräfte eingespart werden können.
Ebenfalls von Vorteil ist das Verändern der Inhaltsstoffe von Pflanzen durch gentechnische Verfahren. Dies wird zwar zur Zeit noch nicht praktiziert, da auch dieses Gebiet noch nicht ausreichend erforscht wurde. Veränderte Inhaltsstoffe würden Vorteile für die Ernährung bringen. Es wird z.B. versucht der Zuckerrübe ein Gen aus der Artischocke einzubauen, welches sie dazu bringt Fruktan zu produzieren, das sind sehr süße Zucker, die im menschlichen Darm nicht abgebaut werden, und somit nicht dick machen.
Für die gentechnische Veränderung von Organismen gibt es vor allem viele Vorteile wirtschaftlicher und betriebswirtschaftlicher Art.
Ein weiteres Beispiel wäre die Bierherstellung mit Hilfe genmanipulierter Hefekulturen. Diese werden so verändert, dass sie den Malzzucker hauptsächlich in Glycerin statt in Alkohol umsetzen, mit diesem bereits vollständig entwickelten und patentierten Verfahren könnte einfach und kostengünstig alkoholfreies Bier hergestellt werden (Das übliche Verfahren ist äußerst aufwendig). Angewandt wird es deshalb nicht, weil das Deutsche Reinheitsgebot solche Veränderungen der Hefe nicht vorsieht, und außerdem kein Interesse bei den Konsumenten besteht, solch ein Produkt zu erwerben.
 
 
4.1 Tierische Produkte
 
Wissenschaftler beschäftigen sich zwar seit Jahren mit der Veränderung von Nutztieren in der Nahrungsmittelproduktion, haben es aber bisher nicht geschafft, diese Entwicklungen zur Marktreife zu bringen, was in absehbarer Zeit auch nicht der Fall sein wird. Die Wunschziele hierbei sind:
·        Wachstumssteigerung
·        Vergrößerung der Muskelmasse
·        Veränderung des Fett - Fleisch Verhältnisses
·        Höhere Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten.
·         
Zur Zeit sind Genomanalysen bei Tieren ein wichtiges Thema, es werden Genkarten von den wichtigsten Nutztieren erstellt, um die Zucht besser beeinflussen zu können.
Besonders interessant ist die Erforschung der QTL (Quantitative Trait Locus).
An diesen Orten lassen sich Gene finden, die ein bestimmtes Merkmal ausbilden.
Beim Schwein wurden  z.B. drei Gene zur Ausbildung des Rückenspecks gefunden.
So kann man die Tierzüchtung verbessern und im Endeffekt kosten sparen.
 
Doch diese Vorteile bringen auch Risiken mit sich, besonders deshalb, weil diese Entwicklung noch so jung ist und wir die eventuellen Folgen für die Zukunft nicht abschätzen können.
 
 
4.2 Risiken der Gentechnologie :
 
Am besten zeigen wohl die bisherigen Erfahrungen mit gentechnisch veränderten Organismen (GVO) welche Risiken diese mit sich bringen, und welche nicht. Dieses Argument verwenden sowohl Befürworter als auch Gegner der Gentechnik. Tatsächlich fanden schon über 5000 Freisetzungen von GVO statt. Dabei fanden aber nur in ein bis zwei Prozent ökologische Begleitforschungen statt. Ein Problem ist, dass die Übertragung von Genen nicht zielgenau ist, es ist also nicht klar, wo das Gen genau eingebaut wird und was es für Folgen haben kann. Denn auch die Lage einzelner Gene im Erbgut hat eine wichtige Rolle, was Zellfunktionen angeht. Es könnte z.B. passieren, dass neue Stoffwechselwege entstehen, oder alte sich verändern. Solche Pflanzen sind zwar meist nicht überlebensfähig, es gab jedoch bereits Fälle, in denen solche Pflanzen voll lebensfähig waren. Ein Beispiel sind Kartoffeln, denen von englischen Forschern ein Läusegift aus dem Schneeglöckchen eingebaut wurde. Diese wehrten nicht nur wie geplant die Läuse ab, sondern bewirkten auch das Absterben aller männlichen und die Sterilität von 30% der weiblichen Marienkäfer, denen die Läuse gefüttert wurden.
Es ist möglich und auch schon vorgekommen, dass sich GVO in der Umwelt ausbreiten und ihre Eigenschaften an artverwandte Pflanzen weitergeben. Ob sich ein Organismus in der Umwelt ausbreitet, hängt von der Pflanze und der Umwelt ab. Heimische Arten, die den Klimabedingungen angepasst sind, breiten sich wahrscheinlicher aus als Nutzpflanzen, die ursprünglich aus einer klimatisch ganz anderen Gegend kommen (z.B. Mais in Dt.).
Viele Faktoren bestimmen, ob es möglich ist, dass ein Gentransfer oder eine ungewollte Vermehrung in der Umwelt vorkommt. Entscheidend ist vor allem, ob der gewollt oder ungewollt freigesetzte Organismus steril oder fertil ist.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Übertragung von genetisch verändertem Erbmaterial auf „konventionelle“ Organismen.
Dies kann durch Pollenflug und Bestäubung geschehen, durch Tiere, die Teile der Pflanze verschleppen oder durch Bodenbakterien, die Teile des Erbguts aufnehmen und weitergeben können.
Ein Beispiel für die Auskreuzung mit verwandten Arten ist der Raps.
Er ist eine in Europa heimische Kulturpflanze, und mit den Rübsen verwandt, da er u.a. aus ihnen gezüchtet wurde. 1996 wurden in Dänemark Auskreuzungen zwischen genetisch verändertem Raps und zwischen Rübsen festgestellt. Bereits nach zwei Generationen war das Gen stabil in das Erbgut der Ackerwildkräuter eingebaut. In Kanada wurden ursprünglich herkömmliche Rapspflanzen untersucht die Resistenzen aufwiesen, was wohl durch die Kreuzung mit manipuliertem Raps geschah. Es könnte also vorkommen, dass resistente Unkräuter heranwachsen, die dann nicht mehr einfach mit einem entsprechenden Herbizid bekämpft werden können. Solche Unkräuter könnten z.B. Unterarten der angebauten Nutzpflanze sein. In Deutschland wurden im Rahmen einer ökologischen Begleituntersuchung Feldversuche des Unternehmens AgrEvo durch das niedersächsische Landesamt für Ökologie und die Biologische Bundesanstalt Braunschweig untersucht. In dem Versuch wurden genmanipulierte Rapspflanzen mit einem acht Meter breiten Streifen aus unverändertem Raps umpflanzt. Noch 200 m hinter dieser Barriere wurden fertile Rapspflanzen gefunden, die die Resistenzeigenschaften enthielten. Problematisch ist, dass solche Übertragungen im kommerziellen Anbau von genmanipulierten Nutzpflanzen nicht kontrolliert werden.
So können sie sich Ausbreiten und modifizieren, ohne das dies bemerkt wird.
 
 
4.3. Antibiotikaresistenzen
 
Damit der Wissenschaftler beim genetischen Verändern einer Pflanze erkennen kann, ob ihm der Versuch gelungen ist, muss er sogenannte Markergene einbauen. Am häufigsten werden hierzu Antibiotikaresistenzen eingebaut. War der Gentransfer erfolgreich, wachsen die Pflanzen auch auf antibiotikahaltigen Nährböden.
Doch so entsteht die Gefahr, dass diese Resistenzen an den Menschen weitergegeben werden können, was eventuell zur Folge hätte, dass der betroffene Mensch nicht mehr mit bestimmten Antibiotika behandelt werden kann.
Antibiotikaresistente Bakterien sind besonders in Krankenhäusern ein bekanntes Problem. Dort steigt die Zahl der antibiotikaresistenten Stämme stetig durch die ständige Verwendung von Antibiotika.
Die Nutzung von Antibiotikaresistenzen in der Gentechnik widerspricht außerdem der Zielsetzung, den Einsatz von Antibiotika zu vermindern.
Es ist zwar nicht nachgewiesen, dass die Aufnahme von Antibiotikaresistenzgenen im menschlichen Darm möglich ist. Es wurde aber an Mäusen festgestellt, dass  Teile der DNA den Verdauungsvorgang überstehen können und so ins Blut gelangen, wo sie von Körperzellen aufgenommen werden.
 
 
4.4. Allergien:
 
Allergien sind ein Problem, welches immer mehr Menschen betrifft. Sie werden durch Eiweiße (Allergene) ausgelöst, welche die Verdauungsphase überstehen, und so in den Körper gelangen.
In Deutschland leiden ca. zwei Prozent der Menschen unter einer Lebensmittelallergie. Durch Produkte, die GVO enthalten, aber nicht gekennzeichnet sind, kann für Allergiker Essen zu Russisch Roulett werden. Besonders gilt dies für Erdnussallergiker.
 
 
5. Folgen für die Welternährung durch Gentechnik
 
Derzeit leben etwa sechs Milliarden Menschen auf der Erde, in 50 Jahren soll sich diese Zahl verdoppelt haben. D.h. für all diese Menschen muss genügend Nahrung vorhanden sein. Nach Angaben der Welternährungsorganisation FAO sind die Steigerungsraten der Ernteerträge aber bereits rückläufig. Zudem verringern sich die Landwirtschaftlichen Nutzflächen ständig. Hier könnte die Gentechnik eine Steigerung des Ernteertrags leisten. Es könnten Pflanzen entwickelt werden, die gegen sämtliche negativen Umwelteinflüsse resistent sind, wie zum Beispiel schädliche Insekten jeglicher Art, oder aber auch Trockenheit oder stark salzhaltige Böden.
Das Problem hierbei ist einmal, dass sich Schädlinge sehr schnell an Veränderungen anpassen und so eine resistente Pflanze keinen Effekt mehr hat, da z.B. Insekten resistent gegen das Gift werden, welches die Pflanze durch Manipulation produziert. Ein weiteres Problem ist der Rückgang der Artenvielfalt durch expandierende Ackerflächen und einheitliches Saatgut. Diese Folgen wurden bereits in den Sechzigern im Zuge der „grünen Revolution“ festgestellt.
Zudem stellt sich die Frage, ob die Gentechnik wirklich das Hungerproblem in den armen Ländern ändern wird. Denn durch den Saatgutverkauf und die Regeln, die eingehalten werden müssen, werden die Bauern in den Ländern der dritten Welt abhängig von Saatgutkonzernen. Schon heute werden die größten Teile der Welternte an die reichen Industrieländer verkauft, da das Geld benötigt wird. Kommt nun noch die Gentechnik hinzu, werden diese Länder völlig von den westlichen Industriestaaten diktiert. Länder der dritten Welt sind beliebte Ziele für Freisetzungsversuche und Anbau genmanipulierter Pflanzen, denn der Wissenstand der Menschen dort ist nicht so hoch wie in den Industriestaaten, und es finden auch kaum Kontrollen statt. Im Gegenteil, die Regierungen sind den großen Konzernen sogar dankbar, wenn sie ihre Produktion in ihr Land verlegen.
Bevor also keine Veränderung im (Ess)verhalten der Industriestaaten stattfindet, kann auch die Gentechnik das Hungerproblem nicht lösen.
 
 
6. Europäisches Recht
 
Die im Mai 1997 in Kraft getretene Novel-Food-Verordnung, regelte die Kennzeichnungspflicht für Lebensmittel, die gentechnisch manipulierte Produkte enthalten. Dies garantiert jedoch keinesfalls, dass Produkte, die dies enthalten, automatisch gekennzeichnet werden müssen. Tatsächlich müssen nämlich nur ca. 10% der Produkte, die GVO enthalten, gekennzeichnet werden.
Dies liegt daran, dass Zusatzstoffe wie z.B. Aromen oder Emulgatoren generell nicht der Kennzeichnungspflicht unterliegen.
Zudem müssen Lebensmittel, die aus GVO hergestellt wurden, lediglich der Europäischen Kommission gemeldet werden, wenn sie „nach den verfügbaren und allgemein anerkannten wissenschaftlichen Befunden oder aufgrund einer Stellungnahme einer nationalen Behörde hinsichtlich ihrer Zusammensetzung, ihres Stoffwechsels, ihres Verwendungszwecks und ihres Gehalts an unerwünschten Stoffen den bestehenden Lebensmitteln und Lebensmittelzutaten im wesentlichen gleichwertig sind.“ Unter dieses Zulassungsverfahren fallen fast alle( 80-90%) Lebensmittel. Diese müssen der Kommission also gemeldet werden, diese kann sich aufgrund fehlender Kapazitäten jedoch nur auf die vom Hersteller gemachten Angaben verlassen.
Dadurch kommen viele Lebensmittel durch bloße Meldung in den Verkehr, ohne geprüft worden zu sein. Außerdem lassen sich die meisten GVO in Lebensmitteln nur noch äußerst schwierig oder gar nicht mehr nachweisen, da sie durch die Verarbeitungs- und Produktionsverfahren „unkenntlich“ gemacht werden. Z.B. beim Ölpressen.
Eine „richtige“ Anmeldung von Lebensmitteln, die GVO enthalten, ist erforderlich, wenn „ die primäre Molekularstruktur des Produktes durch Verwendung gentechnischer  Methoden absichtlich verändert wurde.“ Diese Anmeldung kann in einem beliebigen EU Mitgliedsstaat stattfinden. Die Behörde hat dann drei Monate Zeit, über die Zulassung des Lebensmittels zu entscheiden, einen Kennzeichnungsvorschlag auszuarbeiten, oder den Antrag an den Ständigen Lebensmittelausschuß der Kommission weiterzugeben. Die übrigen Mitliedsstaaten und die Kommission haben nun Zeit binnen 60 Tagen „einen begründeten Einwand“ gegen die Zulassung zu erheben.
Da die Novel-Food-Verordnung in den meisten Fällen ungeregelt lässt, ob ein Produkt gekennzeichnet werden muss oder nicht, wurde die Mais-Soja-Kennzeichnungsverordung erlassen. Diese sieht vor, dass Produkte, die aus diesen Pflanzen bestehen, gekennzeichnet werden müssen, wenn „sich in ihnen Proteine oder Erbsubstanz nachweisen lassen, die von der gentechnischen Manipulation herrühren.“ Doch auch unter diese Verordnung fallen keine Lebensmittelzusatzstoffe. D.h. auch hier müssen die meisten Produkte, die GVO aus Mais oder Soja hergestellt wurden, nicht gekennzeichnet werden müssen.
 
 
7. Allgemeine Haltung gegenüber gentechnisch veränderter Lebensmittel und die Einstellung der Konzerne
 
Europaweit sind 59% der Bürger negativ gegenüber gentechnisch manipulierten Lebensmittel eingestellt, 22% sind dafür und 19% enthalten sich. Die Konzerne zeigen keine einheitliche Einstellung. So bejaht z.B. Nestle eindeutig die Gentechnik, obwohl ihr Erdnussriegel „Butterfinger“ wegen der Boykotthaltung der Konsumenten wieder vom Markt genommen werden musste. Nestle sieht in der Gentechnik die Zukunft der menschlichen Ernährung.
Novartis hingegen hat sich am 3.8.2000 offiziell von gentechnisch manipulierten Lebensmitteln verabschiedet. Die Konzernabteilung möchte „alle Maßnahmen ergreifen, um weltweit die Verwendung dieser Produkte zu vermeiden.“ D.h. die von Novartis vertriebenen Lebensmittel sind gentechnikfrei. Dazu gehören u.a. bekannte Marken wie Wasa, Isostar und Ovomaltine, diese wurden seit dem 30.6. 2000 garantiert ohne gentechnisch veränderte Pflanzen hergestellt.
Trotzdem vertreibt Novartis nach wie vor den gentechnisch veränderten Bt-Mais. (s. Vor- und Nachteile GVO). Außerdem enthalten einige Pflanzen Antibiotikaresistenzen. Da Novartis auch Medikamente vertreibt, gerät der Konzern so in einen Konflikt. Um diesen Konflikt zu lösen, gliederte Novartis die eigenständige Landwirtschaftsabteilung Syngenta aus. So konnte sich Novartis der ungeliebten Agrosparte entledigen.
 
 
8. Schluss
 
Gentechnisch veränderte Pflanzen haben viele Vorteile, sie bergen jedoch auch viele Risiken. Der Verbraucher sollte jedoch immer wissen, was er konsumiert.
Denn letztendlich bestimmt er, ob gentechnisch veränderte Lebensmittel auf dem Markt eine Chance haben oder nicht. Wird er jedoch noch nicht einmal darüber informiert, hat er keinerlei Entscheidungsfreiheit mehr.
Diese Freiheit sollte aber stets gegeben sein.
Es stellt sich die Frage, wie weit der Mensch in die Schöpfung eingreifen darf und wo die Grenzen sind. Ist es wirklich nötig, dass wir ständig Leistungen und Erträge steigern müssen? Meiner Meinung nach sollten die Pflanzen, bevor sie auf den Markt kommen, Prüfungsverfahren durchlaufen, die wirklich bestätigen können, dass diese sicher sind. Ist dies nicht der Fall, dürften solche Pflanzen nicht vermarktet werden. Außerdem sollten alle Produkte, die GVO enthalten, entsprechend gekennzeichnet sein. Die aktuelle BSE-Krise ist ein Beispiel für übertriebene Leistungssteigerung, die aus der Kontrolle geriet.
 
 
QUELLENANGABEN
 
www.greenpeace.de
www.europaparlament.de
www.bio-scope.com
www.fh-flensburg.de
www.inform_24.de
www.novartis.de
www.monsanto.com
www.nestle.de
www.asta05.asta.uni-sb.de
www.gentechnik.gv.at
www.netlink.de
www.biotechbasics.com
www.geneticdiner.de
 
Der Spiegel  5/2001
 
Verbraucherschutzrecht, Günther Borchert, Verlag C.H. Beck
 
Natura 12/13 Klett Verlag (Biologiebuch)
 
Nahrungsketten- Risiken durch Krankheiterreger, Produkte der Gentechnologie und Zusatzstoffe?, Abhandlungen der Dt. Akademie der Naturforscher Leopoldina, J.A. Barth Verlag  
 
 

  Fragen und Kommentare an Franziska Ortlieb 

© 2000-2013 Faust-Gymnasium Staufen,  letztes update 18.09. 2013