Überprüfen Sie den Klassenraum! Stehen Tische und Bänke streng ausgerichtet nach vorn, sodass
die Lernenden nur den Lehrer bzw. die Lehrerin anschauen können? Dann ändern Sie schleunigst dieses
Arrangement! Sorgen Sie dafür, dass die Lernenden sich beobachten, sich
anschauen, einander zuwenden können, ohne den Hals zu verrenken usw. Wenn die Tische und Bänke fest verankert sind,
dann sollten Sie immer wieder Gelegenheiten schaffen, bei denen die Lernenden sich vorne und an den
Rändern in lockeren Gruppen versammeln, um etwas zu besprechen oder zu diskutieren. Suchen Sie
Möglichkeiten, von Zeit zu Zeit andere, zum Kommunizieren besser geeignete Klassenräume zu
benutzen.
Achten Sie die Persönlichkeit Ihrer Deutschlernenden, machen Sie sie nie vor der Klasse lächerlich, wenn sie einmal etwas Falsches oder Dummes sagen, wenn sie immer wieder denselben Fehler machen, wenn sie eine schlechte Arbeit geschrieben haben usw. Nur in einer Atmosphäre des Vertrauens und des gegenseitigen Respekts spricht man gern. Dies ist auch eine Lebenserfahrung.
Ermutigen Sie die Deutschlernenden, ruhig auch Fehler zu machen. Nur durch Fehler lernt man. Sagen Sie Ihnen, wie wichtig Fehler auch beim Deutschlernen sind, damit Sie und die Lernenden selbst erkennen, woran sie noch arbeiten müssen.
Korrigieren Sie nicht ständig die Fehler, die Ihre Lernenden beim Sprechen in der Fremdsprache notwendigerweise machen. Beim Lernen sind Fehler unvermeidlich. Machen Sie sich dagegen möglichst heimlich Notizen, was Sie offensichtlich nicht genügend erklärt oder noch nicht genug geübt haben.
Sorgen Sie generell für eine angenehme Atmosphäre in der Klasse, ohne ständige Angst vor Benotung. Das gilt besonders für das Sprechen. Wer Angst hat, schweigt lieber. Auch das ist eine allgemeine Lebenserfahrung.
Schaffen Sie ein experimentierfreudiges Klima in der Klasse. Ein solches Klima hilft den Lernenden, ihre Selbstbestimmungsräume aufzuspüren und zu nutzen.
Ermutigen Sie Ihre Lernenden, eigene Gedanken und Vorstellungen zu äußern.
Bieten Sie interessante Gesprächsanlässe, interessante Themen/Texte. Stellen Sie möglichst offene Aufgaben, geben Sie den Lernenden ausreichend Zeit und geben Sie freie Hand bei der Ausgestaltung der Ergebnisse.
Zeigen Sie den Lernenden, warum und wie sehr Sie den Gegenstand, den Sie unterrichten, in diesem Fall die deutsche Sprache, schätzen, lieben. Ihre Begeisterung schafft (vielleicht) Begeisterung. Wer eine Sprache liebt, benutzt sie gerne.
Vermeiden Sie einseitige Interaktionsmuster: Lehrer - Schüler; Schüler -Lehrer. Lassen Sie manchmal Unordnung, Durcheinanderreden zu. Lassen Sie auch Zwischenrufe zu, lassen Sie zu, dass Schüler sich gegenseitig etwas zurufen - unter der Bedingung: Es geschieht auf Deutsch!
Stärken Sie das Selbstbewusstsein der lernschwächeren Schüler und dämpfen Sie etwas das Imponiergehabe von Schülern, die ständig das große Wort führen. Ermutigen Sie gegenseitiges Aushandeln von Konflikten.
Verlagern Sie so viel Aktivitäten wie möglich in Partner- und Gruppenarbeit (Projekte). Geben Sie den Lernenden Sprachmittel in die Hand, mit denen sie Arbeitsprozesse auch auf Deutsch aushandeln können.
Machen Sie so oft wie möglich Rollenspiele: In den Rollen können die Lernenden sich und ihre sprachlichen Fähigkeiten erproben.
Vermeiden Sie das „Drankommen" in der Reihenfolge des Sitzens. Werfen Sie einen Ball oder ein Stück zerknäultes Papier zu, lassen Sie die Lernenden auch selbst werfen- auf diese Weise lernen sie, spontan und unvorhergesehen zu sprechen.
Erlauben Sie den Deutschlernenden, beim Sprechen sitzen zu bleiben. Aufstehen in der Klasse bringt viele in Verlegenheit und das verschließt ihnen den Mund (alle starren einen an). Wer gerne im Stehen spricht, kann natürlich aufstehen. Stellen Sie es einfach frei!
Organisieren Sie Gesprächsrunden mit Deutschsprachigen, die „nur Deutsch können".
aus: Heide Schatz (2006), Fertigkeit Sprechen, München,
FStE 20, S. 49ff
© 2007 Michael Seeger, IES "Lenguas Vivas" Buenos Aires, update 18.10. 2007