Parzivals Kindheit

Als Herzeloide vom Tod ihres Geliebten erfuhr, beugte sie sich über die Wiege Parzivals und sagte zu ihm: „Du sollst nicht das gleiche Schicksal wie dein untreuer Vater erleiden.“ Kurz darauf setzte sie einen Verweser für das Land ein und zog in das einsame Gehöft Soltane, welches durch hohe Berge und tiefe Wälder von der Welt abgeschnitten war. Hier lebte Herzeloide ohne Reichtum wie eine einfache Bäuerin mit wenigen Knechten. Ihr Goldhaar verfilzte und ihre Hände, die vorher weiß und zart waren, wurden dunkel und rau. Parzival wuchs auf wie ein gewöhnlicher Bauer, nur sein Aussehen zeigte, dass er ein Prinz war. Seine Mutter Herzeloide verriet ihm nicht einmal seinen richtigen Namen und rief ihn nur mit Koseworten. Jedoch nicht alles konnte sie ihm vorenthalten: Pfeil und Bogen. Parzival hatte sich aus einem federnden Ast der Esche und aus einer Schnur, die er zwischen dem Gerümpel fand, einen Bogen gemacht. Den Pfeil dazu stellte er aus einem gerade gewachsenen Ast her. Für ihn, der gerade einmal 10 Jahre alt war, waren Pfeil und Bogen nicht mehr als ein Spielzeug, denn er schoss nur in die Luft oder auf Steine und Bäume. Doch eines Tages zielte er auf einen Vogel und traf. Anfangs freute er sich, denn er hatte noch nicht erkannt, wie tödlich sein „Spielzeug“ war. Dann merkte er, dass ein Tier für ihn hatte sterben müssen und glaubte die Qualen des Tieres in seiner Brust zu spüren. Weinend rannte er zu seiner Mutter und erzählte ihr von dem Tod des Vogels. Herzeloide erschrak sehr, als sie von dem Bogen erfuhr, und nahm ihm seinen Bogen weg. Parzival musste ihr versprechen, nie wieder ein Tier zu töten. Parzival aber wollte seinen Bogen wiederhaben, weil er irgendwie Spaß daran hatte, Tiere zu töten. Es half kein Beten und Bitten: Parzival sah seinen Bogen nie wieder. Und das Versprechen brach er, als er älter war, indem er mit den Knechten auf die Jagd ging.